Zum Inhalt springen
FM-Connect Chat

Hallo! Ich bin Ihr FM-Connect Chat-Assistent. Wie kann ich Ihnen helfen?

FM-Solutionmaker: Gemeinsam Facility Management neu denken

Vergleichsgespräche im Gewerbemietrecht

Facility Management: Gewerbemietverträge » Strategie » Vergleiche

Vergleichsgespräche im Gewerbemietrecht

Vergleichsgespräche im Gewerbemietrecht

Vergleichsverhandlungen zwischen Vermieter und Mieter spielen im Gewerbemietrecht eine zentrale Rolle, um langwierige und kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Gerade in langfristigen und finanziell bedeutsamen Gewerbemietverhältnissen sind Konflikte keine Seltenheit. Typische Streitpunkte – etwa über Mietmängel, Kündigungen oder Betriebskosten – können das Vertragsverhältnis erheblich belasten. Ein gütlicher Vergleich bietet hier die Chance, durch gegenseitiges Nachgeben eine für beide Seiten tragbare Lösung zu finden. Die aktuelle Tendenz sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Gesetzgebung begünstigt vergleichsorientierte Lösungen. Gerichte zeigen sich flexibel darin, prozedurale Wege (Güteverhandlungen, Widerrufsvorbehalte) zu ermöglichen und Materialgerechtigkeit (etwa durch § 313 BGB) herzustellen, die dann im Vergleich abgebildet werden kann. Der Gesetzgeber hat mit der Textformerleichterung ein praxisfreundliches Signal gesendet, das die Vertragsparteien entlastet. Die Vorteile einvernehmlicher Regelungen – insbesondere im komplexen Gewerbemietrecht – sind hervorzuhenben, wenn nicht die Disparität zwischen starken und schwachen Verhandlungspartnern zu unfairen Ergebnissen führt. Vergleichsgespräche im Gewerbemietrecht sind inzwischen fast so wichtig sind wie die ursprüngliche Vertragsgestaltung. Sie erfordern neben fundierten Rechtskenntnissen auch taktisches Geschick, ökonomisches Verständnis und Empathie für die Interessenlage der Parteien. Gelingt ein gut austarierter Vergleich, so stellt er – im Sinne von § 779 BGB – einen echten „Gewissensfrieden“ zwischen Vermieter und Mieter her und gewährleistet Rechtssicherheit sowie Wirtschaftlichkeit für beide Seiten. Dies zu erreichen, ist die Kunst der Verhandlungsführung im Gewerbemietrecht.

Rechtliche Rahmenbedingungen für Vergleichsverhandlungen

  • Begriff und Wesen des Vergleichs: Ein Vergleich ist gemäß § 779 BGB ein Vertrag, durch den die Parteien einen bestehenden Streit oder eine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigen. Wesentlich ist also, dass beide Seiten Zugeständnisse machen, um den Konflikt endgültig beizulegen. Materiell-rechtlich führt ein solcher Vergleich dazu, dass zuvor strittige oder ungewisse Ansprüche entsprechend der Vereinbarung umgestaltet werden: Bestehende Ansprüche können (teilweise) aufgehoben und nicht bestehende Ansprüche neu begründet werden. Ein Vergleich stellt damit einen Vertrag eigener Art dar, der jedoch den allgemeinen Vertragsregeln des BGB unterliegt, soweit nicht spezielle Vorschriften eingreifen. Im Mietrecht kommt hinzu, dass ein Vergleich oft zugleich einen Aufhebungsvertrag oder Änderungsvertrag zum Mietvertrag darstellt, etwa wenn er die Beendigung des Mietverhältnisses regelt oder Mietzinsänderungen vorsieht. Der Vergleich kann außergerichtlich geschlossen oder im Rahmen eines Gerichtsverfahrens (Prozessvergleich) protokolliert werden – letzterer genießt besondere Vollstreckbarkeit (dazu unten VI.).

  • Anwendbarkeit des AGB-Rechts: Ein bedeutsamer Aspekt im rechtlichen Rahmen ist die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) nach §§ 305 ff. BGB. In der Regel werden Vergleichsvereinbarungen individuell zwischen den Parteien ausgehandelt und sind daher vom Anwendungsbereich des AGB-Rechts ausgenommen. Jede Seite bringt eigene Vorschläge ein, sodass kein einseitig vorformuliertes Vertragswerk einer Partei gestellt wird. Werden allerdings vorformulierte Klauseln – etwa in einem vom Vermieter vorbereiteten Formularvergleich – verwendet, unterliegen diese der Wirksamkeitskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Insbesondere überraschende oder den Vertragspartner unangemessen benachteiligende Klauseln sind unwirksam (§§ 305c, 307 BGB). So hat der BGH etwa eine Formular-Klausel, mit der in einem Abfindungsvergleich der Geschädigte auf sämtliche Ansprüche gegen „jedermann“ verzichtete, als überraschend und treuwidrig erachtet. Für die Praxis bedeutet dies: Werden in Gewerbemiet-Vergleichen standardisierte Elemente (z.B. umfassende Haftungs- oder Verzichtsklauseln) verwendet, müssen diese einer AGB-Kontrolle standhalten. Selbst wenn die AGB-Vorschriften formell nicht greifen, können extrem einseitige oder formelhaft verwendete Vertragsbausteine vom Gericht über die Generalklausel des § 242 BGB korrigiert werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Vergleichssituation den Prüfungsmaßstab modifiziert – ein gewisses Ungleichgewicht kann durch das gegenseitige Nachgeben gerechtfertigt sein. Im Zweifel ist es ratsam, Vergleichsklauseln klar und ausgewogen zu formulieren, um Angreifbarkeit wegen Intransparenz oder Benachteiligung zu vermeiden.

  • Mietrechtliche Besonderheiten: Im Gewerbemietrecht gelten – anders als im Wohnraummietrecht – nur wenige zwingende Schutzvorschriften zugunsten einer Vertragspartei. Grundsätzlich herrscht Vertragsfreiheit. Dies bedeutet, dass auch Vergleichsabreden weitgehend frei gestaltet werden können.

Einige Besonderheiten sind jedoch zu beachten:

  • Formvorschriften nach § 550 BGB: Mietverträge, die für länger als ein Jahr geschlossen werden, bedürfen der Schriftform (§§ 550, 578 BGB). Diese formelle Anforderung erstreckt sich auch auf nachträgliche Vertragsänderungen, sofern sie vertragswesentliche Inhalte betreffen und für die Restlaufzeit von über einem Jahr gelten. Ein mündlich oder formlos geschlossener Vergleich, der etwa die Miethöhe dauerhaft herabsetzt oder die Mietdauer verändert, konnte bislang daher die Schriftform des Mietvertrags verletzen und zur Konsequenz haben, dass das Mietverhältnis als unbefristet galt (§ 550 S.1 BGB). In der Praxis nutzten Parteien dies mitunter, um sich vorzeitig vom Vertrag zu lösen. Neuere Rechtsprechung hat jedoch klargestellt, dass Änderungen der Miethöhe oder anderer wesentlicher Vertragsbedingungen, die nur vorübergehend (nicht länger als ein Jahr) gelten sollen, nicht der strengen Schriftform bedürfen. So bleiben temporäre Mietreduzierungen – etwa zur Überbrückung einer Krise – formunschädlich, solange ihre Geltungsdauer ein Jahr nicht überschreitet. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte die Befristung solcher Abreden eindeutig dokumentiert werden. – Aktueller Reformstand: Durch das am 1. Januar 2025 in Kraft getretene Gesetz zur Entlastung von Bürokratie (BEG IV) hat der Gesetzgeber die strenge Schriftformerfordernis im Gewerbemietrecht gelockert. Für neu begründete Gewerberaummietverhältnisse genügt nun Textform (z.B. E-Mail) anstelle der bisherigen Schriftform. § 578 BGB verweist nunmehr darauf, dass ein Mietvertrag über mehr als ein Jahr, der nicht in Textform geschlossen ist, als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Diese Neuregelung – nach einer Übergangsfrist ab 2026 auch für Altverträge maßgeblich – mindert die Gefahr formbedingter Kündbarkeit. Nichtsdestoweniger empfiehlt es sich weiterhin, wichtige Vergleichsvereinbarungen schriftlich oder zumindest per E-Mail klar festzuhalten, um Inhalt und Beteiligte eindeutig zu dokumentieren.

  • Dispositive und zwingende Normen: Vergleichsverträge dürfen gesetzliche Grenzen nicht überschreiten. Im Gewerbemietrecht existieren kaum zwingende Mieterschutzvorschriften wie im Wohnraummietrecht. Beispielsweise verbietet § 536 Abs.4 BGB nur bei Wohnraum eine im Voraus erklärte Mietminderungsverzichtsklausel. In Gewerberaummietverträgen kann hingegen ein Verzicht auf Minderungsrechte oder andere Ansprüche grundsätzlich vereinbart werden, solange dies nicht gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder AGB-Kontrollmaßstäbe verstößt. Ebenso gelten die allgemeinen Grenzen des § 242 BGB (Treu und Glauben) – ein Vergleich darf nicht dazu dienen, offen gegen Rechtsvorschriften zu verstoßen oder Rechte Dritter zu beeinträchtigen. Ein Vergleich, der lediglich dazu dient, Vorteile aus einem sittenwidrigen Geschäft zu sichern oder gesetzliche Verbote zu umgehen, ist unwirksam. Ansonsten haben die Parteien im Gewerberaummietrecht erheblichen Gestaltungsspielraum, Probleme einvernehmlich zu lösen.

Zusammenfassend bildet § 779 BGB den rechtlichen Grundpfeiler:

Ein Vergleich setzt einander gegenüberstehende Ansprüche oder Unsicherheiten voraus und bewirkt durch beiderseitiges Nachgeben eine neue Rechtslage. Flankiert wird dies von den allgemeinen Vertragsgrundsätzen, einschließlich Formvorschriften und Inhaltskontrollen. Insbesondere sollte man im Gewerbemiet-Vergleich darauf achten, formelle Fallstricke (wie das Schriftformerfordernis) zu vermeiden und Klauseln so zu gestalten, dass sie nicht überraschend oder unverhältnismäßig sind. Auf dieser Basis lassen sich im nächsten Abschnitt die Anlässe betrachten, die in der Praxis typischerweise zu Vergleichsgesprächen führen.

Typische Anlässe für Vergleichsgespräche im Gewerbemietrecht

Die Gründe, warum Vermieter und Mieter den Weg einer einvernehmlichen Einigung suchen, sind vielfältig. Im Folgenden werden einige der häufigsten Konfliktfelder im Gewerbemietrecht und die jeweiligen Vergleichskonstellationen dargestellt:

  • Mietminderung wegen Sachmängeln: Ein klassischer Auslöser für Streit sind Mängel der Mietsache, die die Gebrauchstauglichkeit der Gewerberäume beeinträchtigen – etwa Feuchtigkeitsschäden, Schimmelbildung, undichte Dächer, Brandschutzmängel oder anhaltender Baulärm. Der Mieter ist in solchen Fällen berechtigt, die Miete angemessen zu mindern (§ 536 BGB), doch gehen die Auffassungen über Höhe und Dauer der Mietminderung oft auseinander. Zahlt der Mieter erheblich weniger Miete, sieht der Vermieter darin mitunter einen vertragswidrigen Mietrückstand und droht die Kündigung. Um ein eskalierendes Verfahren (Räumungsklage, Schadensersatzforderungen) zu vermeiden, verständigen sich die Parteien häufig auf einen Vergleich: Dieser kann z.B. vorsehen, dass der Vermieter bestimmte Mängel innerhalb eines fixen Zeitraums beseitigt und dem Mieter dafür für die Dauer der Beeinträchtigung eine Mietreduzierung oder -erstattung in bestimmter Höhe gewährt. Der Mieter wiederum verpflichtet sich, nach Mängelbeseitigung wieder die volle Miete zu zahlen und etwaige weitergehende Ansprüche (z.B. auf Schadensersatz wegen Umsatzeinbußen) nicht geltend zu machen. Ein solcher Vergleich beseitigt die Unsicherheit über die angemessene Minderungsquote und verhindert das Risiko, dass der Vermieter bei unberechtigter Mietkürzung fristlos kündigt (siehe § 543 Abs.3 BGB). – Beispiel: Wegen Lärm und Staub durch Umbauarbeiten im Haus mindert der Mieter eines Ladenlokals die Miete um 50%. Der Vermieter hält dies für überzogen. Im Vergleich einigt man sich darauf, dass der Mieter für die 3-monatige Umbauphase nur 30% der Miete einbehält, der Vermieter aber zusätzlich eine Werbemaßnahme finanziert, um Kunden in dieser Zeit zu halten. Gleichzeitig bestätigen beide, dass damit alle Ansprüche aus den Beeinträchtigungen abgegolten sind. Solche Absprachen schaffen Rechtsfrieden und ermöglichen meist die Fortsetzung des Mietverhältnisses.

  • Kündigungsstreitigkeiten und Räumungsauseinandersetzungen: Ein weiterer häufiger Anlass für Verhandlungen sind Kündigungen des Mietverhältnisses und daraus resultierende Räumungsstreite. Im Gewerbemietrecht können sowohl ordentliche Kündigungen (bei unbefristeten Verträgen oder zum Ende eines befristeten Vertrags bei Vorliegen einer vertraglichen Option) als auch außerordentliche Kündigungen (etwa wegen Zahlungsverzugs oder Vertragsverstößen) relevant sein. Trifft eine Kündigung auf Widerspruch oder besondere Härten, ist eine gütliche Einigung oft im Interesse beider Seiten. Ein Räumungsvergleich kann dem Vermieter Planungssicherheit und dem Mieter eine Schonfrist bieten. – Typischer Fall: Dem Mieter wurden wegen Mietrückständen fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt. Anstatt das gerichtliche Räumungsverfahren bis zum Urteil zu betreiben, schließen die Parteien im Gütetermin einen Vergleich: Der Mieter verpflichtet sich, die Räume bis zu einem bestimmten Auszugsdatum zu räumen (evtl. verbunden mit einer reduzierten Nutzungsentschädigung bis dahin), und der Vermieter erklärt sich bereit, auf die Durchsetzung der fristlosen Kündigung und einen Teil der Mietrückstände zu verzichten. Oft wird eine Abfindungszahlung oder Räumungsentschädigung vereinbart – entweder vom Mieter (für die weitere Nutzung bis zum Räumungsdatum) oder vom Vermieter (als finanzieller Anreiz für einen freiwilligen Auszug, insbesondere wenn der Vermieter ein besonderes Interesse an der Räumung hat, z.B. Neuvermietung zu höherer Miete oder Eigenbedarf des Gewerberaums). Ein solcher Vergleich enthält regelmäßig auch Regelungen zum Zustand der Rückgabe (Stichwort Rückbau, siehe Punkt 4) und zur Verteilung der Verfahrenskosten. Die rechtliche Bedeutung eines Räumungsvergleichs ist hoch: Er beendet den Streit endgültig und ist – sofern gerichtlich protokolliert – ein vollstreckbarer Titel auf Räumung. Dadurch entfällt das Risiko weiterer Verzögerungen. In der Praxis wird dieser Weg häufig beschritten, da er beiden Seiten Verfahrensrisiken abnimmt und eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses ermöglicht (auch im Wohnraummietrecht üblich, aber im Gewerbemietrecht ebenso bedeutsam).

  • Mietanpassung bei Wegfall oder Störung der Geschäftsgrundlage: Änderungen der Geschäftsgrundlage eines Mietvertrags – also tiefgreifende, unvorhersehbare Veränderungen der Rahmenbedingungen – sind seit jeher ein Konfliktfeld, haben aber insbesondere durch die COVID-19-Pandemie enorme Relevanz erlangt. Während der behördlich angeordneten Lockdowns sahen sich zahlreiche Gewerbemieter (Einzelhandel, Gastronomie etc.) außerstande, die volle Miete zu erwirtschaften, und forderten Mietreduzierungen oder -stundungen. Rechtlich liegt hier kein Sachmangel vor und auch keine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung. Jedoch kommt eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) in Betracht. Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Grundsatzurteilen (2022) bestätigt, dass pandemiebedingte Nutzungseinschränkungen eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage darstellen können. Ein gesetzlicher Verhandlungsanstoß wurde zudem mit Art. 240 § 7 EGBGB geschaffen, der die pandemiebedingten Umstände als erheblich im Sinne von § 313 BGB vermutet. Allerdings betonte der BGH, dass keine pauschale Halbierung der Miete o.Ä. geboten ist, sondern eine Einzelfallabwägung aller Umstände erfolgen muss. In der Praxis führte diese unsichere Rechtslage dazu, dass viele Vermieter und Mieter individuelle Vergleiche schlossen: Man einigte sich etwa auf eine zeitweilige Herabsetzung der Miete um einen bestimmten Prozentsatz für die Dauer der behördlichen Schließung oder auf eine Stundung mit späterer Ratenzahlung, eventuell kombiniert mit einer Verlängerung der Mietlaufzeit (um die Verluste über die Laufzeit zu verteilen). So konnten beide Seiten das Risiko eines ungewissen Gerichtsverfahrens vermeiden – insbesondere da Gerichte unterschiedliche Maßstäbe anlegten und umfangreiche Darlegung zur wirtschaftlichen Situation des Mieters fordern (Umsatzausfälle, ersparte Aufwendungen, staatliche Hilfen etc. müssen berücksichtigt werden). – Beispiel: Ein Einzelhändler muss sein Geschäft 2 Monate schließen. Im Vergleich wird festgehalten, dass er für diese Zeit nur 40% der Miete zahlt; zugleich wird die feste Mietlaufzeit um 6 Monate verlängert, sodass der Vermieter langfristig einen Ausgleich erhält. Beide Seiten verzichten auf weitergehende Ansprüche wegen der Pandemiezeit. Solche Lösungen, oft in der Form eines Nachtragsvertrages getroffen, sichern die wirtschaftliche Basis der Vertragsparteien und erhalten das Mietverhältnis über die Krise hinaus. Auch abseits der Pandemie können ungewöhnliche Marktveränderungen eine Geschäftsgrundlagenstörung darstellen – etwa eine drastische Veränderung der Kundenfrequenz durch städtebauliche Maßnahmen (Bau einer Umgehungsstraße, Wegfall eines Parkbereichs) oder gesetzliche Nutzungsbeschränkungen. Hier bieten Vergleichsgespräche die Möglichkeit, flexibel zu reagieren (z.B. vorübergehende Mietsenkung oder Änderung des Mietzwecks), anstatt starre vertragliche Regelungen gerichtlich durchbrechen zu müssen.

  • Rückbauverpflichtungen und Zustand der Mietsache bei Rückgabe: Gewerbemietverträge enthalten regelmäßig Klauseln, wonach der Mieter beim Auszug eingebrachte Einbauten und Umbauten entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherstellen muss. In der Praxis kommt es oft zum Streit, welchen Umfang diese Rückbauverpflichtung hat – insbesondere wenn der Mieter wertsteigernde Einrichtungen hinterlassen hat (z.B. Klimaanlagen, Ladenausstattung) oder wenn unklar ist, ob bestimmte Baumaßnahmen vom Vermieter genehmigt waren. Anstelle einer gerichtlichen Auseinandersetzung über Schadensersatz wegen unterlassenen Rückbaus oder über die Kosten solcher Maßnahmen schließen die Parteien häufig Vergleiche über den Rückbau. Eine typische Einigung kann so aussehen: Der Vermieter übernimmt bestimmte vom Mieter geschaffene Einrichtungen ohne Kostenerstattung (was für ihn vorteilhaft sein kann, wenn ein Nachmieter diese weiter nutzen will), und im Gegenzug zahlt der Mieter einen Pauschalbetrag oder verzichtet auf die Rückforderung der Kaution, womit alle Rückbaupflichten abgegolten sind. Alternativ kann vereinbart werden, dass der Mieter nur einen Teilrückbau vornimmt und für den Rest eine Abstandszahlung leistet. Ein solcher Vergleich vermeidet unklare Abgrenzungen, was normale Abnutzung und was Rückbaupflicht ist, und schafft klare Verhältnisse bei der Übergabe. – Beispiel: Der Mieter einer Gastronomiefläche hat auf eigene Kosten eine Bar-Theke und Trennwände installiert. Laut Mietvertrag müsste er alles entfernen. Im Vergleich wird vereinbart, dass die Theke im Objekt bleibt (der Vermieter zahlt hierfür nichts, kann sie aber dem Nachmieter anbieten) und der Mieter nur die Trennwände entfernt. Zudem verbleibt die Kaution beim Vermieter zur Deckung von Schönheitsreparaturen, dafür quittiert dieser alle weiteren Ansprüche. Beide Seiten profitieren: Der Vermieter spart Rückbaukosten und hat ggf. ein attraktiveres Objekt für Nachmieter, der Mieter vermeidet höheren Aufwand und mögliche Streitigkeiten über Beschädigungen.

  • Betriebskosten und Nebenkostenabrechnungen: Streit um Betriebskosten ist im Gewerberaummietrecht ebenso verbreitet wie im Wohnraummietrecht. Da Gewerbemietverträge hier oft detaillierte (und manchmal komplexe) Umlagevereinbarungen enthalten, kommt es vor, dass Mieter einzelne Positionen oder Verteilungsschlüssel der jährlichen Nebenkostenabrechnung anzweifeln. Beispiele sind Diskussionen, ob bestimmte Kostenarten umlagefähig sind, ob die Fläche richtig berechnet wurde oder ob einzelne Posten (etwa Verwaltungskosten) unzulässig aufgeschlagen wurden. Auch formelle Fehler (fehlende Belege, Fristversäumnisse bei der Abrechnung) können Konflikte auslösen. Vergleichsgespräche bieten die Möglichkeit, dauerhafte Lösungen zu finden: So könnte man sich auf einen Deckelungsbetrag für bestimmte Nebenkostenarten einigen oder strittige Posten hälftig teilen, um jahrelange Prozesse zu vermeiden. Manchmal vereinbaren die Parteien in einem Vergleich auch eine vertragliche Anpassung: beispielsweise wird der Umlageschlüssel oder die Abrechnungsperiode für die Zukunft modifiziert, um weitere Streitfälle auszuräumen. Ein solcher Vergleich kann darüber hinaus rückwirkend Unsicherheiten beseitigen, indem er z.B. festlegt, dass mit Zahlung eines bestimmten Abrechnungsbetrags alle Ansprüche aus den Nebenkosten der vergangenen Jahre beidseitig erledigt sind. – Beispiel: Ein Mieter von Büroräumen beanstandet die Nebenkostenabrechnungen 2022 und 2023 wegen hoher Verwaltungskosten und zweifelt an der Fläche, die als Berechnungsgrundlage dient. Im Vergleich reduziert der Vermieter freiwillig die strittigen Verwaltungsposten um 20% und stimmt zu, künftige Abrechnungen anhand einer neu vermessenen (etwas geringeren) Nutzfläche zu kalkulieren. Der Mieter akzeptiert diese Zahlungen und verzichtet auf gerichtliche Überprüfung. Zudem wird klargestellt, dass beide für die Vergangenheit auf Nachforderungen verzichten. Damit ist ein Dauerkonflikt entschärft – der Vermieter wahrt die Geschäftsbeziehung, der Mieter erhält mehr Kostentransparenz.

Weitere Anlässe:

Neben den genannten Hauptthemen können Vergleichsgespräche auch durch Mieterhöhungsverlangen, Vertragsänderungen bei Erweiterung oder Reduzierung der Mietfläche, Differenzen über die Verwertung von Mietkautionen nach Vertragsende oder Schadensersatzforderungen (etwa wegen Verzugs beim Bau oder bei der Übernahme) motiviert sein. In all diesen Fällen gilt: Wenn die Rechtslage komplex oder ungewiss ist, bietet ein Vergleich die Möglichkeit, einen für beide Seiten tragbaren Interessenausgleich zu finden. Oft spielen wirtschaftliche Überlegungen eine große Rolle – etwa der Erhalt einer Geschäftsbeziehung (z.B. eines wichtigen Ankermieters im Shopping Center) oder die Vermeidung von Imageschäden durch öffentlich ausgetragene Streitigkeiten.

Ablauf und Struktur von Vergleichsverhandlungen; Verhandlungsstrategien

Initiierung der Gespräche: Vergleichsverhandlungen können proaktiv von einer Partei angestoßen werden oder auf Vermittlung Dritter (Anwälte, Richter, Mediatoren) zustande kommen. Häufig beginnt der Prozess damit, dass nach Auftreten eines Konflikts – sei es ein Zahlungsrückstand, eine Mangelanzeige oder eine Kündigung – eine Partei dem Gegenüber ein Gespräch oder eine gütliche Einigung vorschlägt. In einem anhängigen Gerichtsverfahren ist es üblich, dass der Richter in der Güteverhandlung (oder auch später) auf einen Vergleich hinwirkt (§ 278 Abs.1 ZPO). Außerhalb des Gerichts schaffen oft anwaltliche Schreiben den Auftakt, in denen neben der Sach- und Rechtsposition auch ein erster Einigungsvorschlag formuliert wird (z.B. Angebot einer Ratenzahlungsvereinbarung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht). Wichtig ist, dass beide Seiten zu diesem Zeitpunkt ihre Verhandlungsposition realistisch einschätzen: Sie müssen also ihren BATNA (Best Alternative to a Negotiated Agreement) kennen – d.h. das wahrscheinliche Ergebnis, falls keine Einigung erzielt wird und der Konflikt eskaliert. In mietrechtlichen Streitigkeiten bedeutet dies etwa eine Prognose über Prozessdauer und -kosten, Erfolgsaussichten vor Gericht, potentielle Schäden (z.B. Umsatzverluste bei Leerstand) und imagebedingte Folgen. Dieser Abgleich bildet die Grundlage dafür, wie kompromissbereit die Parteien in die Verhandlung gehen.

Struktur und Phasen der Verhandlung:

Ein Vergleichsgespräch – ob mündlich am Verhandlungstisch oder schriftlich über Anwaltsschriftsätze geführt – durchläuft typischerweise mehrere Phasen:

  • Positionsaustausch: Zunächst legen beide Seiten ihre Sicht der Dinge dar. Im außergerichtlichen Rahmen kann dies in einem Gespräch oder schriftlich erfolgen; im gerichtlichen Rahmen geschieht es bereits durch Klage, Klageerwiderung und die mündliche Verhandlung. In dieser Phase werden die strittigen Punkte identifiziert. Jeder Partei ist daran gelegen, die Rechts- und Beweislage aus ihrer Perspektive hervorzuheben, um Druck auf die Gegenseite auszuüben. Allerdings sollte bereits hier eine konstruktive Atmosphäre angestrebt werden – reine Konfrontation erschwert den Weg zum Vergleich.

  • Sondierung von Interessen und Spielräumen: Über die harten Positionen hinaus werden die tieferen Interessen der Parteien beleuchtet. Oft zeigt sich, dass die Kernanliegen beider Seiten lösbar sind, wenn man kreativ nach Alternativen sucht. Ein Vermieter etwa, dem an pünktlichen Zahlungen gelegen ist, kann mit einer Sicherheit oder Bürgen zufrieden gestellt werden, während der Mieter im Gegenzug einen Zahlungsaufschub erhält. Wichtig ist das gegenseitige Verständnis: In komplexen Fällen – etwa wenn es um langfristige Vertragsänderungen geht – kann es sinnvoll sein, im Gespräch alle strittigen und unstrittigen Punkte systematisch zu protokollieren und Prioritäten zu markieren.

  • Verhandlungsrunden und Angebotstausch: Anschließend beginnt das eigentliche Feilschen durch Austausch von Angeboten und Gegenangeboten. Jede Partei versucht, möglichst wenig nachzugeben, zugleich aber das Gegenüber nicht zu überfahren. Verhandlungstaktisch bewährt sind etwa gestaffelte Zugeständnisse: Man startet mit einer Position, die noch Luft für Kompromisse lässt. Die Literatur zur Verhandlungsführung empfiehlt häufig, zunächst die Begründungen und Interessen darzulegen, bevor konkrete Zahlen oder Bedingungen genannt werden, um ein besseres Verständnis und Vertrauen aufzubauen. Denn macht man gleich ein Angebot, könnte dies – wenn es überraschend kommt – vom Gegner als Schwäche oder als zu großzügig missinterpretiert werden. Stattdessen sollte man das erste Angebot des Gegenübers abwarten oder behutsam herausfordern, um nicht "umsonst" Zugeständnisse zu machen. Typisch ist das Nachgeben in kleinen Schritten: z.B. reduziert der Vermieter seine anfängliche Forderung nach Nachzahlung sukzessive, während der Mieter seine Zahlungsbereitschaft erhöht, bis man sich annähert. Beide Seiten wägen bei jedem Schritt ab, wie weit sie vom worst-case-Szenario (Gerichtsentscheidung) entfernt sind.

  • Verhandlungsstrategie: Hierbei kommen diverse Taktiken zur Anwendung. Eine Partei kann bestimmte Punkte koppeln („Paketlösungen“ anbieten: quid pro quo – etwa Erlass von Mietschulden gegen vorzeitige Räumung) oder trennen (ein strittiger Punkt wird ausgenommen und später geklärt). Beliebt ist auch das Setzen von Deadlines („Dieses Angebot gilt nur bis...“), um Druck zu erhöhen. Allerdings darf solcher Druck nicht in unzulässige Drohung umschlagen. Die Drohung mit rechtlich legitimen Schritten (Kündigung, Klage) ist grundsätzlich erlaubt und gehört zur Verhandlungsmacht; eine widerrechtliche Drohung (z.B. Ankündigung, den Mieter ohne Räumungstitel auszuschließen oder seinen Geschäftsbetrieb zu sabotieren) wäre hingegen eine arglistige Einwirkung und könnte den Vergleich anfechtbar machen (vgl. § 123 BGB). In der Praxis bleiben Verhandlungen meist sachlich, doch wirtschaftlicher Zwang spielt faktisch eine Rolle – etwa wenn ein finanzschwacher Mieter mangels Alternativen jeden vom Vermieter angebotenen Vergleich akzeptieren muss. Die Schwelle zur rechtlichen Unwirksamkeit ist hier hoch (siehe unten V.), weshalb hartes Verhandeln – auch Ausnutzen der ökonomischen Überlegenheit – in Grenzen vom Gesetz hingenommen wird. Nichtsdestoweniger sollten Anwälte ihre Mandanten vor übermäßigen Konzessionen warnen und notfalls eine Pause einlegen, um beratend eingreifen zu können.

  • Formulierung der Einigung: Sobald ein prinzipielles Einvernehmen über die Kernpunkte erzielt ist, geht es an die konkrete Formulierung der Vergleichsvereinbarung. Hier zeigt sich, wie wichtig Klarheit und Vollständigkeit sind. Missverständliche Formulierungen oder Lücken können später neue Streitigkeiten provozieren. Deshalb werden in schriftlichen Vergleichsentwürfen sämtliche relevanten Aspekte geregelt: Parteien und Beteiligte (wer genau verpflichtet sich – wichtig etwa bei Konzerngesellschaften, Bürgen, Mitvermietern), Leistungen jeder Seite (Zahlungsbeträge, Räumungsdatum, Mängelbeseitigungspflichten etc.), Zeitpunkt und Modus der Erfüllung (Fälligkeiten, Ratenpläne, Zug um Zug Leistung), sowie Folgen der Nichterfüllung (Vertragsstrafe, Rückfallklausel oder Wiedereinsetzung des früheren Zustands). Zumeist wird eine Abgeltungsklausel aufgenommen, die bestimmt, dass mit Erfüllung des Vergleichs alle wechselseitigen Ansprüche aus dem Mietverhältnis – oder aus dem konkreten Streitgegenstand – erledigt sind. Diese Klausel ist heikel, da sie weitreichend alle unbekannten oder zukünftigen Ansprüche ausschließen kann. Daher muss sie mit Bedacht formuliert werden („sämtliche Ansprüche aus dem Mietverhältnis bis zum heutigen Tag“ oder beschränkt auf den betreffenden Sachverhalt). Anwälte klären ihre Mandanten in der Regel ausdrücklich darüber auf, welche Rechte sie mit einer Generalquittung aufgeben. In gerichtlichen Vergleichen wird der Richter den gefundenen Konsens protokollieren; außergerichtlich sollte der Vergleich schriftlich niedergelegt und von beiden Parteien (bzw. Vertretern mit Vertretungsmacht) unterzeichnet werden.

  • Abschluss und Dokumentation: Schließlich erfolgt der förmliche Abschluss des Vergleichs. Im Gerichtstermin wird der ausgehandelte Text in das Sitzungsprotokoll aufgenommen und von den Parteien oder ihren Prozessbevollmächtigten in der Verhandlung mündlich genehmigt (eine Unterschrift der Parteien ist dort nicht erforderlich). Außergerichtlich wird typischerweise ein schriftlicher Vergleichsvertrag aufgesetzt und von beiden Seiten unterschrieben. Wichtig ist, dass zu diesem Zeitpunkt alle offenen Punkte geklärt sind – ein „Vergleich über den Vergleich“ sollte vermieden werden. Sollte im Nachgang dennoch Klärungsbedarf auftreten (etwa zur Durchführung der vereinbarten Modalitäten), empfiehlt es sich, dies ebenfalls schriftlich festzuhalten.

Im gesamten Verlauf solcher Verhandlungen ist Vertraulichkeit ein wichtiger Faktor. Beide Parteien müssen darauf vertrauen können, dass Vorschläge oder Zugeständnisse, die in der Verhandlung gemacht werden, im Falle eines Scheiterns nicht präjudiziell gegen sie verwendet werden. Juristisch gibt es kein absolutes „Ohne Vorurteil“-Privileg wie im anglo-amerikanischen Recht; jedoch kann eine Vergleichsbereitschaft nicht als Schuldeingeständnis gewertet werden. In der Praxis vereinbaren Anwälte oft, dass Schriftwechsel im Rahmen von Vergleichsgesprächen vertraulich erfolgt, oder sie kennzeichnen Verhandlungsofferten ausdrücklich als unverbindlich.

Rolle von Anwälten und Dritten:

Bei Gewerbemietsachen sind fast immer Rechtsanwälte eingeschaltet, da es um beträchtliche wirtschaftliche Werte geht. Die Anwälte übernehmen häufig die Federführung in den Verhandlungen. Sie haben einerseits die Pflicht, die Interessen ihrer Mandanten konsequent zu vertreten, andererseits aber auch dafür zu sorgen, dass eine praktikable Lösung gefunden werden kann. Hierzu gehört, den Mandanten realistische Einschätzungen zu vermitteln und übermäßig emotionale Positionen abzuschwächen. Anwälte achten zudem streng auf Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit der Vereinbarung – etwa dass bei juristischen Personen die Unterschriften der Vertretungsberechtigten vorliegen, dass bei komplexen Verträgen keine Schriftformproblematik entsteht, oder dass für den Fall des Verzugs Klauseln zur unmittelbaren Zwangsvollstreckung (Titelunterwerfung) aufgenommen werden. Gelegentlich werden auch Mediatoren oder Schlichter hinzugezogen (vgl. unten VI.): Diese können die Strukturierung der Gespräche erleichtern, indem sie als neutrale Dritte die Kommunikation lenken und kreative Lösungsansätze fördern. Vor allem bei festgefahrenen Positionen oder tief beschädigtem Vertrauen kann ein Mediationsverfahren die Vergleichsbasis schaffen, auf der die Parteien dann eigenverantwortlich eine Vereinbarung erarbeiten.

Zusammengefasst folgt der Ablauf von Vergleichsgesprächen einem flexiblen Muster von Darstellung – Sondierung – Angebot und Gegenangebot – Einigungsformulierung – Abschluss. Erfolgreiche Verhandlungen zeichnen sich dadurch aus, dass beide Seiten ihre Kerninteressen gewahrt sehen, das Ergebnis klar dokumentiert ist und keine Seite das Gefühl hat, „übervorteilt“ worden zu sein. Ist dieser Punkt erreicht, schlägt sich der Kompromiss in einer rechtsverbindlichen Vergleichsvereinbarung nieder, deren rechtliche Einordnung und Wirksamkeitsvoraussetzungen im Folgenden zu untersuchen sind.

Form, Wirksamkeit und rechtliche Bedeutung von Vergleichsvereinbarungen

  • Formanforderungen und Formerleichterungen: Gesetzlich ist ein Vergleichsvertrag – vorbehaltlich besonderer Vorschriften – formlos gültig. Das heißt, ein Vergleich kann mündlich, schriftlich oder sogar durch schlüssiges Verhalten geschlossen werden. In der Praxis jedoch, besonders im Gewerbemietrecht, spielt die Schriftform eine gewichtige Rolle. Wie oben dargestellt, verlangt § 550 BGB (in alter Fassung) die Schriftform für langfristige Mietverträge und deren wesentliche Änderungen. Ein außergerichtlicher Vergleich, der einen laufenden Gewerbemietvertrag qualifiziert abändert (z.B. Mietreduzierung auf unbestimmte Zeit, Verlängerung oder vorzeitige Beendigung des Vertrags), musste daher bisher schriftlich fixiert und von beiden Parteien eigenhändig unterschrieben werden, um nicht das Risiko einer Formnichtigkeit bzw. der vorzeitigen Kündbarkeit auszulösen. So war es bspw. problematisch, wenn Vermieter und Mieter per E-Mail eine Mietanpassung vereinbarten: Hielt diese Änderung länger als ein Jahr an, konnte sich daraus ein Schriftformmangel ergeben, den eine Vertragspartei oder ein Grundstückserwerber später nutzte, um das Mietverhältnis zu kündigen. – Aktuelle Änderung: Seit 2025 genügt im Gewerberaummietrecht Textform (z.B. E-Mail). Dies erleichtert den formwirksamen Abschluss von Vergleichen erheblich. In der Übergangszeit bis Ende 2025 ist aber weiterhin Vorsicht geboten für Altverträge: Hier muss bis dahin noch die bisherige Schriftform eingehalten werden, sofern der Vergleich auf den Mietvertrag einwirkt. Generell ist aus Beweisgründen dringend anzuraten, jede Vergleichsvereinbarung schriftlich oder zumindest in einem bestätigenden Schriftstück (wie einer E-Mail-Korrespondenz) festzuhalten. Eine mündliche Absprache birgt nicht nur Beweisprobleme, sondern könnte – wie erwähnt – unerwartete Formnichtigkeitsfolgen haben. Im gerichtlichen Kontext genügt die Protokollierung durch das Gericht (§ 127a BGB sieht das gerichtliche Protokoll der Schriftform gleichgestellt). Ein im Gerichtsprotokoll festgehaltener Vergleich erfüllt somit die gesetzliche Form, selbst wenn keine Unterschriften der Parteien erfolgen; er ist kraft richterlicher Niederlegung wirksam und vollstreckbar. Außergerichtlich ist auf eigenhändige Unterzeichnung durch alle Vertragsbeteiligten zu achten. Bei juristischen Personen muss die Unterschrift der vertretungsberechtigten Organe (Geschäftsführer, Prokuristen mit entsprechendem Umfang) vorliegen. Unterzeichnen Bevollmächtigte (z.B. Anwälte, Property Manager), sollten schriftliche Vollmachtsnachweise beigefügt werden, um § 174 BGB (Zurückweisung wegen fehlender Vollmachtsvorlage) zu entgehen.

  • Wirksamkeitsvoraussetzungen und -hindernisse: Ein Vergleich kommt – wie jeder Vertrag – durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande (Angebot und Annahme). Besonderheit des § 779 BGB ist, dass das Vorliegen eines Streits oder einer Ungewissheit zur Geschäftsgrundlage des Vergleichs gehört. Fehlt diese Voraussetzung, spricht man vom Scheingefechtsvergleich; in einem solchen Fall wäre die Vereinbarung kein Vergleich im Rechtssinne, aber u.U. als anderes Vertragsgeschäft (etwa als Verzichtsvertrag) wirksam. Ein reales Streit- oder Risikoelement genügt jedoch, und es kommt nicht darauf an, welche Partei objektiv im Recht war – auch ein Irrtum über die Rechtslage wird vom Vergleich typischerweise mitbereinigt. Das Gesetz will verhindern, dass ein Vergleich später wegen eines Irrtums angefochten wird, der gerade den Streitgegenstand betraf. Daher bestimmt § 779 BGB implizit, dass ein Irrtum über denjenigen Umstand, dessentwegen man den Vergleich geschlossen hat, die Wirksamkeit nicht berührt. Nur wenn beide Parteien einem gemeinsamen Irrtum über eine maßgebliche Tatsache unterlagen, die sie als feststehend der Einigung zugrunde gelegt haben, kann der Vergleich unwirksam sein. Klassisches Beispiel: Beide Seiten nehmen fälschlich an, eine bestimmte Baufläche gehöre zum Mietobjekt, und schließen darüber einen Vergleich – stellt sich später heraus, dass die Fläche gar nicht Teil des Mietgrundstücks war, könnte der Vergleich wegen Irrtums unwirksam sein. Wichtig ist, dass sich der Irrtum auf einen streitausschließenden Umstand bezieht, also einen Punkt, der die Streitbeilegung fundamental trägt.

  • Davon abgesehen gelten die allgemeinen Anfechtungsrechte: Der Vergleich ist anfechtbar bei arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung (§ 123 BGB). Wurden also z.B. relevante Tatsachen vom Vermieter bewusst falsch dargestellt (etwa die Tragweite eines Mangels), oder wurde der Mieter durch unzulässigen Druck (z.B. Androhung einer Rufschädigung) zum Abschluss bewegt, kann er den Vergleich binnen der gesetzlichen Frist anfechten. Folge wäre die Nichtigkeit ex tunc (§ 142 BGB). Allerdings sind solche Fälle selten, da die Grenze zwischen erlaubt hartem Verhandeln und widerrechtlicher Drohung schwer zu ziehen ist. Droht ein Vermieter lediglich mit einer rechtmäßigen Kündigung oder Klage, so ist dies – wie erwähnt – kein unerlaubter Zwang. Eine Anfechtung käme etwa in Betracht, wenn ein Richter im Termin eine Partei unzulässig unter Druck setzt (auch der BGH hatte über Fälle zu entscheiden, in denen Vergleichsbeschlüsse nach Richter-Drohungen angefochten wurden). Ein spezieller Unwirksamkeitsgrund ist Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB). Ein Vergleich kann sittenwidrig sein, wenn sein Inhalt oder der Beweggrund gegen das Anstandsgefühl verstößt. Die Rechtsprechung fordert hierfür ein auffälliges Missverhältnis zwischen den beiderseitigen Zugeständnissen sowie ein verwerfliches Handeln mindestens einer Partei. Nur wenn die eine Seite die schwache Position der anderen gezielt ausbeutet, um einen exorbitant einseitigen Vergleich zu erzielen, greift § 138 BGB. Beispielhaft hat der BGH einen Vergleich für nichtig erklärt, in dem Eltern gegen hohe Geldzahlung zusagten, eine Strafanzeige wegen eines Sexualdelikts zurückzuziehen und Stillschweigen zu bewahren. Im Mietbereich wäre etwa denkbar, dass ein Vermieter die existenzielle Not eines Mieters schamlos ausnutzt, um sich z.B. das gesamte Kautionsguthaben und weitere Gelder abzutreten, obwohl er kaum Gegenleistung bietet. Die Hürden dafür sind hoch: Nicht das objektive Leistungsgefälle allein ist entscheidend, sondern die Kombination aus krasser Übervorteilung und verwerflicher Gesinnung. Generell wird bei Vergleichsschlüssen eher großzügig davon ausgegangen, dass jede Seite bewusst weniger erhält, als sie im Idealfall bekommen hätte – dies liegt in der Natur des gegenseitigen Nachgebens. Entsprechend hat der BGH betont, maßgeblich sei, wie die Parteien die Streitlage eingeschätzt haben und wie weit sie davon zu ihrem jeweiligen Nachteil abgewichen sind. Überschätzt sich eine Partei dabei erheblich und akzeptiert deswegen einen ungünstigen Vergleich, so ist dies noch keine Sittenwidrigkeit, sondern gewöhnliches Verhandlungsrisiko. Aus den genannten Gründen sind Vergleichsvereinbarungen in der Praxis selten erfolgreich anfechtbar oder nichtig. Haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, müssen sie sich im Regelfall daran festhalten lassen. Dies dient der Rechtssicherheit: Ein einmal beigelegter Streit soll nicht wieder aufleben. Es obliegt daher den Verhandlungsführern, vor Abschluss alle Unklarheiten aufzulösen und sich abzusichern, dass keine verborgenen wesentlichen Irrtümer vorliegen. Insbesondere die inhaltliche Reichweite von Verzichts- oder Abgeltungsklauseln muss bewusst sein (siehe oben III.4).

Rechtsfolgen und Bedeutung des Vergleichs: Ist der Vergleich wirksam zustande gekommen, hat dies weitreichende Konsequenzen für die Parteien:

  • Bindungswirkung und Anspruchsberichtigung: Die ursprünglichen streitigen Ansprüche werden durch die im Vergleich vereinbarten Regelungen ersetzt oder modifiziert. Ein zuvor bestehender Anspruch auf Mietzahlung in bestimmter Höhe kann durch Vergleich etwa herabgesetzt oder gestundet werden; ein unklarer Schadensersatzanspruch wird durch eine Pauschalzahlung erledigt etc. Bestehende Forderungen und Rechte erlöschen insoweit, wie sie im Vergleich aufgegeben wurden, und neue Verpflichtungen entstehen, soweit diese vereinbart sind. Zum Beispiel erlischt mit einem Räumungsvergleich der klagweise geltend gemachte Räumungsanspruch des Vermieters in seiner ursprünglichen Form, und an seine Stelle tritt der Anspruch auf Räumung zum festgelegten Datum nach Maßgabe des Vergleichs. Ebenso wird etwa ein Streit über Minderung durch die beiderseits akzeptierte Regelung abschließend bereinigt.

  • Umfassende Streitbeilegung: Häufig zielen Vergleiche – insbesondere mit Abgeltungsklauseln – darauf ab, alle denkbaren Ansprüche aus dem Mietverhältnis oder dem betreffenden Ereignis endgültig zu erledigen. Solche Klauseln (oft in der Form: "Mit Ausnahme der in diesem Vergleich geregelten Ansprüche bestehen wechselseitig keine weiteren Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis") bewirken, dass keine Partei nachträglich mit neuen Forderungen auftreten kann. Das gibt Planungssicherheit und Frieden. Allerdings müssen die Parteien sehr sorgfältig überlegen, welche Ansprüche davon erfasst sein sollen. Übersieht man einen möglichen Anspruch (z.B. der Mieter hat noch einen offenen Minderungsanspruch für einen anderen Mangel, den man im Eifer nicht angesprochen hat), kann eine zu weit gefasste Abgeltungsklausel auch diesen mit ausschließen. Daher raten Juristen oft, die Abgeltung ausdrücklich zu beschränken – z.B. „alle Ansprüche aus dem Mietverhältnis bis zum heutigen Tage einschließlich solcher aus bekannten Mängeln sind abgegolten, ausgenommen bleiben vorsätzliches Verhalten“ etc. Trotz solcher Vorsichtsmaßnahmen gilt: Ist eine umfassende Erledigung vereinbart, kann eine Seite später nicht mehr auf einmal einen weiteren Anspruch aus der Schublade ziehen. Der Vergleich hat insofern ähnliche Wirkung wie ein rechtskräftiges Gerichtsurteil (materielle Rechtskraft zwischen den Parteien).

  • Durchsetzbarkeit und Vollstreckbarkeit: Ein außergerichtlicher Vergleich begründet zivilrechtliche Ansprüche, die – falls nicht erfüllt – mittels Klage durchgesetzt werden können. Er ist jedoch zunächst kein vollstreckbarer Titel. Falls die Parteien dies wünschen, können sie bei Zahlungsansprüchen eine notarielle Beurkundung mit Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung vornehmen (§ 794 Abs.1 Nr.5 ZPO) oder aber – falls bereits ein Gerichtsverfahren läuft – den Vergleich gerichtlich protokollieren lassen (§ 278 ZPO). Ein gerichtlich festgestellter Vergleich ist ein Titel nach § 794 Abs.1 Nr.1 ZPO, aus dem direkt vollstreckt werden kann, ohne weitere Klage. Das ist besonders bedeutsam bei Räumungsvergleichen: hier erspart der Titel dem Vermieter ein weiteres Verfahren, sollte der Mieter nicht fristgerecht ausziehen – der Gerichtsvollzieher kann auf Grundlage des Vergleichs die Zwangsräumung durchführen. Auch Zahlungsvereinbarungen im gerichtlichen Vergleich sind direkt vollstreckbar, was dem Gläubiger Sicherheit gibt. Umgekehrt entfällt durch einen Vergleich ein anhängiger Rechtsstreit: Der Vergleich selbst bewirkt die Erledigung des Verfahrens (im Prozessvergleich wird dies oft ausdrücklich festgehalten: „Damit ist der Rechtsstreit erledigt“). Eine Entscheidung in der Sache ergeht dann nicht mehr.

  • Fortbestand oder Beendigung des Mietverhältnisses: Je nach Inhalt kann ein Vergleich das Mietverhältnis fortführen, modifizieren oder beenden. Wird beispielsweise ein Streit über Mietmängel verglichen, läuft das Mietverhältnis danach regulär weiter, oft in verbesserten Konditionen (Reparaturen durchgeführt, Mietzins ggf. angepasst). Wird hingegen ein Räumungsstreit verglichen, führt dies meist zu einer einvernehmlichen Aufhebung des Mietvertrags zum bestimmten Zeitpunkt. Man spricht dann auch von einem „Mietaufhebungsvertrag“ im Gewande eines Vergleichs. Dieser bedarf, anders als eine einseitige Kündigung, keiner besonderen Form (theoretisch könnte ein Aufhebungsvertrag sogar mündlich geschlossen werden; zur Schriftformproblematik siehe oben – um etwaige Formerfordernisse zu erfüllen, wird er in der Regel schriftlich oder gerichtlich protokolliert). Die Aufhebungsvereinbarung ersetzt die Kündigung und legt oft auch Folgeregelungen fest (Räumungsfrist, Ausgleichszahlungen). Ihre Rechtswirkung ist final: Nach dem vereinbarten Beendigungsdatum besteht kein Mietverhältnis mehr, ohne dass es einer Kündigung bedarf. – In manchen Vergleichen wird darüber hinaus eine Fortsetzungsoption oder Eventualvereinbarung getroffen: etwa „Sollte der Mieter die Vergleichssumme nicht bis Datum X zahlen, lebt das ursprüngliche Mietverhältnis wieder auf“ oder ähnlich. Solche Konstruktionen sind allerdings heikel und rechtlich komplex, da sie die eigentlich gewollte Beendigung unter eine Bedingung stellen. Meist bevorzugt man klare Verhältnisse (Beendigung mit Vergleichsabschluss) und sanktioniert einen Verstoß anderweitig (Vertragsstrafe, zusätzliche Zahlungsverpflichtung).

  • Kostenrechtliche Konsequenzen: Ein nicht zu unterschätzender Aspekt ist auch die Verteilung der Gerichts- und Anwaltskosten. Schließen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, sieht die Zivilprozessordnung vor, dass das Gericht in der Regel die Kosten gegeneinander aufhebt oder eine Kostenquote entsprechend der Vereinbarung festsetzt (§ 98 ZPO i.V.m. Vergleich). Oft wird vereinbart, dass jede Seite ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und die Gerichtskosten hälftig geteilt oder gemäß Verursachungsanteil quotelt werden. Ein Vorteil vieler Vergleiche ist, dass Vergleichsgebühren (Einigungsgebühr nach RVG) anfallen können, diese aber im Verhältnis zu den gesparten weiteren Prozesskosten gering sind. Gerade bei hohen Streitwerten (häufig im Gewerbemietrecht) kann ein früher Vergleich erhebliche Kosten sparen.

Tabelle 1: Typische Vergleichsregelungen nach Streitgegenstand

Konfliktfall

Typische Inhalte einer Vergleichsvereinbarung (Beispiele)

Mietminderung bei Mängeln (z.B. Schimmel, Baulärm)

– Vermieter verpflichtet sich zur Mängelbeseitigung bis Datum X.– Mieter erhält für die Dauer des Mangels eine Mietreduzierung von Y % oder einmalige Erstattung von Betrag Z.– Parteien vereinbaren, dass darüber hinaus keine weiteren Minderungs- oder Schadensersatzansprüche wegen des Mangels bestehen (Abgeltungsklausel auf den Mangel bezogen).

Kündigungs- und Räumungsstreit (z.B. Kündigung wegen Rückständen)

– Einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses zum Datum X (Aufhebungsvertrag).– Mieter verpflichtet sich, bis dahin zu räumen; Vermieter gewährt ggf. eine Räumungsfrist.– Zahlungsvereinbarung: Mieter zahlt Rückstände in Raten oder eine verringerte Summe (Vergleichsbetrag) von € …; Vermieter verzichtet im Gegenzug auf den Rest und sieht die Kündigung als gegenstandslos an.– Regelung der Kosten: z.B. trägt Mieter die Räumungskosten, jede Seite trägt eigene Anwaltskosten; Gerichtskosten hälftig.– Ggf. Rückbauklausel oder Verzicht des Vermieters auf bestimmte Wiederherstellungspflichten.

Wegfall der Geschäftsgrundlage (z.B. Corona-bedingte Schließung)

– Temporäre Mietanpassung: Miete wird für den Zeitraum [Datum1–Datum2] auf € … reduziert (oder gestundet).– Nachlaufregelung: z.B. die gestundete Miete wird ab Monat … in Raten à € … zurückgezahlt, oder die Mietlaufzeit wird um … Monate verlängert.– Härtefallklausel: Falls behördliche Einschränkungen erneut auftreten, wollen die Parteien erneut verhandeln (oder es gilt eine bestimmte Anpassungsformel).– Abgeltung: Beide Parteien bestätigen, dass mit dieser Anpassung sämtliche Ansprüche aus der COVID-19-Schließung (oder analoger Umstände) erledigt sind und keine Seite Schadenersatz fordert.

Rückbau-/Schönheitsreparaturen (Ende des Vertrags)

– Auflistung, welche Einbauten der Mieter entfernt und welche er belässt.– Ggf. Kostenübernahme: Mieter zahlt einen Pauschalbetrag € … für Rückbau, oder Vermieter behält Kaution i.H.v. € … ein zur Abgeltung aller Rückbaupflichten.– Vermieter erklärt sich bereit, bestimmte verbleibende Einrichtungen zu übernehmen, ohne Wertersatz (damit keine Ansprüche mehr aus § 539 BGB oder ungerechtfertigter Bereicherung geltend gemacht werden).– Beide Seiten verzichten auf weitere Ansprüche bezüglich des Zustands der Mietsache (Abgeltung aller wechselseitigen Ansprüche aus Instandhaltung, Schönheitsreparaturen und Rückbau).

Betriebskosten/Nebenkosten (strittige Abrechnung)

– Zahlungsvergleich: Mieter zahlt für die Abrechnungsjahre … bis … pauschal € … (anstelle der strittigen Nachforderung von € …), was vom Vermieter als vollständige Begleichung akzeptiert wird.– Änderung für Zukunft: z.B. Anpassung des Umlageschlüssels von in ., Ausschluss bestimmter Kostenarten (Hausverwaltung) von künftigen Umlagen, oder Einführung einer Nebenkostendeckelung von € … p.a.– Belegeinsicht: Vermieter gewährt Mieter verbesserten Zugang zu Belegen (oder stellt auf elektronische Belegeinsicht um), um künftige Transparenz zu erhöhen.– Vereinbarung, dass mit dem Vergleich alle Ansprüche aus den Nebenkostenabrechnungen bis einschließlich 20.. abgegolten sind und der Mieter keine Kürzungen aus diesen Jahren mehr vornimmt.

Diese tabellarischen Beispiele verdeutlichen, wie ein Vergleich jeweils maßgeschneiderte Lösungen liefern kann, die über den engen gesetzlichen Rahmen hinausgehen. Ein Gericht könnte etwa im Kündigungsstreit nur „ja oder nein“ zur Räumung entscheiden, während ein Vergleich kreative Kombinationen (Räumung und Teil-Erlass von Mietschulden) ermöglicht. Ebenso können zukünftige Modalitäten gleich mitgeregelt werden (z.B. geänderte Umlageschlüssel), was ein Urteil so nicht leisten könnte.

Rechtsqualität des Vergleichs:

Abschließend sei betont, dass ein Vergleich sowohl Vertrag als auch – im Falle des Prozessvergleichs – Prozesshandlung ist. Diese Doppelnatur bedeutet: Materiell-rechtlich gelten die obigen Grundsätze (Anspruchsumschaffung, Vertragstreue), prozessual bewirkt er die Erledigung des Rechtsstreits. Ein wirksamer gerichtlicher Vergleich hat die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils (§ 794 ZPO) und kann nicht mit Berufung oder Revision angefochten werden. Will eine Partei sich im Nachhinein vom Vergleich lösen, bleibt nur die Anfechtung (wegen Täuschung/Drohung) oder der Rückgriff auf § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage, theoretisch denkbar, wenn nach Vergleichsschluss unvorhersehbare extreme Veränderungen eintreten). Solche Fälle sind jedoch äußerst selten, da der Vergleich gerade der endgültigen Befriedung dient.

Insgesamt ist die Vergleichsvereinbarung im Gewerbemietrecht somit ein mächtiges Instrument, um Rechtssicherheit zu schaffen. Sie modifiziert Vertragsbeziehungen in einer Weise, die Gerichte respektieren und unterstützen – solange die Spielregeln (Form, beiderseitiges Nachgeben, keine Gesetzesverstöße) eingehalten werden.

Praktische Probleme und Risiken bei Vergleichsabschlüssen

Trotz der Vorteile bergen Vergleichsvereinbarungen im Gewerbemietrecht auch einige Fallstricke, die Praktiker kennen und meiden müssen.

Im Folgenden werden die häufigsten Probleme und Risiken beleuchtet:

  • AGB-Kontrolle und Inhaltsnichtigkeit: Wie oben dargestellt, können vorformulierte Vergleichsklauseln der Inhaltskontrolle unterliegen. Ein Risiko besteht insbesondere bei einseitig vom Vermieter vorgelegten Vergleichsformularen. Wenn der Mieter – z.B. unter Zeitdruck – ein vom Vermieter aufgesetztes Schreiben „blind“ unterschreibt, ohne Verhandlungsspielraum, könnte dies als AGB gelten. Für den Vermieter besteht dann die Gefahr, dass zentrale Klauseln unwirksam sind. Etwaige ungewöhnlich umfassende Verzichtsklauseln (z.B. der Mieter verzichtet nicht nur gegenüber dem Vermieter, sondern gegen „alle verbundenen Unternehmen des Vermieters“ oder Dritte auf Rechte) wären womöglich überraschend und damit nicht Vertragsbestandteil. Oder eine Klausel, die jegliche Haftung des Vermieters (auch für vorsätzliches oder arglistig verschwiegenes) ausschließt, hielte einer Inhaltskontrolle wegen Verstoßes gegen § 307 BGB nicht stand. Die Folge einer solchen Unwirksamkeit ist: Der Vergleich bleibt im Zweifel wirksam, aber ohne die beanstandete Klausel (§ 306 BGB). Dann klafft u.U. eine Lücke, die wieder Interpretationsstreit auslösen kann (z.B. welche Ansprüche sind nun doch nicht abgegolten?). – Praxis-Tipp: Beide Seiten sollten versuchen, den Vergleichstext wirklich auszuhandeln. Standardformulierungen sind anzupassen und ausdrücklich durchgesprochen. Der Vermieter sollte dem Mieter Gelegenheit zur Prüfung und ggf. Modifikation geben; der Mieter sollte nicht zögern, unklare Passagen zu hinterfragen. Je individueller der Text, desto weniger AGB-Recht findet Anwendung – und desto geringer das Risiko der Unwirksamkeit. Falls doch auf Muster zurückgegriffen wird (viele Kanzleien verwenden etwa Standardbausteine für Räumungsvergleiche), müssen diese regelmäßig auf ihre Aktualität und Angemessenheit überprüft werden, insbesondere im Lichte neuer BGH-Rechtsprechung.

  • Schriftformproblematik bei Vertragsänderungen: Ein besonders praxisrelevantes Risiko lag bislang – und übergangsweise bis Ende 2025 weiterhin – in der gesetzlichen Schriftformpflicht für Mietverträge über ein Jahr (§ 550 BGB). Viele Gewerbemietverträge sind auf mehrere Jahre fest abgeschlossen; jede erhebliche Vertragsänderung musste formell in die Schriftform aufgenommen werden. In eiligen Vergleichssituationen wurde dies bisweilen übersehen: Man einigte sich per E-Mail oder formlosem Protokoll auf eine Mietminderung oder Laufzeitanpassung und erkannte erst später, dass dadurch der Mietvertrag vorzeitig kündbar wurde. So konnte ein vergleichsweise gut gemeinter Entgegenkommnis des Vermieters (temporäre Minderung ohne schriftlichen Nachtrag) dem Vermieter selbst ermöglichen, bei Gelegenheit den Vertrag insgesamt zu lösen – oder dem Mieter, falls ihm das Geschäft nicht mehr zusagte. Das Risiko war beidseitig: Die Partei, die später den Vertrag nicht mehr wollte (oder ein Grundstückserwerber, der in den Mietvertrag eintrat), konnte sich auf § 550 BGB berufen und ordentlich kündigen. In der Rechtsprechung gab es viele Fälle, in denen wegen scheinbar trivialer Formfehler (fehlende Paraphierung einer Anlagenänderung, mündliche Nebenabrede über einen mietfreien Monat etc.) langjährige Verträge gekippt wurden. Der BGH hat zwar punktuell gelindert – wie erwähnt, kurzfristige Änderungen < 1 Jahr sind unbeachtlich –, doch bleibt die Schriftform ein sensibler Punkt. Mit der Umstellung auf Textform ab 2025 entspannt sich die Lage erheblich, da nun z.B. ein E-Mail-Austausch den gesetzlichen Anforderungen genügt. Allerdings ist auch eine E-Mail nur dann sicher, wenn aus ihr der Vertragsschluss eindeutig hervorgeht (die Person des Erklärenden muss erkennbar sein und die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger vorliegen). Man sollte also beispielsweise nicht mündlich einen Vergleich schließen und nur „zur Bestätigung“ eine knappe E-Mail senden – besser ist, alle Konditionen ausformuliert zu bestätigen und um ausdrückliche Zustimmung per Antwort zu bitten. In laufenden Alt-Verträgen (2024/25) sollte bei jeder Vergleichsänderung noch auf die Unterschrift beider Parteien hingewirkt werden oder alternativ der Vergleich vor Gericht protokolliert werden, um der Schriftform Genüge zu tun.

  • Wirtschaftlicher Druck und Willensmängel: Vergleichsverhandlungen finden oft in einer asymmetrischen Drucksituation statt. Etwa: Der Mieter steht mit dem Rücken zur Wand, weil sein Geschäft ohne Mietnachlass nicht überlebensfähig ist; der Vermieter hingegen sieht sich am längeren Hebel und diktiert harte Bedingungen. Oder umgekehrt: Der Vermieter fürchtet den Leerstand und ist erpressbar, wenn ein wichtiger Mieter mit Insolvenz droht. Hier ist die Frage: Wann kippt harte Verhandlung in anfechtbare Nötigung oder Sittenwidrigkeit? Wie bereits ausgeführt, schützt § 138 BGB vor ungewöhnlichen Missverhältnissen bei verwerflicher Gesinnung. Doch in wirtschaftlichen Zwangslagen greift dieser Schutz nur ausnahmsweise – in der Regel wird das Ergebnis als freie Willensentscheidung angesehen, selbst wenn es unter erheblichem Druck zustande kam. Ein Mieter kann nicht allein deshalb den Vergleich später anfechten, weil der Vermieter seine marktüberlegene Position ausgenutzt hat; er müsste nachweisen, dass dieser eine ihm bekannte Zwangslage in sittenwidriger Weise ausgebeutet hat (z.B. Mieter war existenzbedroht und Vermieter verlangte eine überzogene Abfindung). Das ist schwer und selten erfolgreich. Ein klassischer Anwendungsfall wäre Wucher (§ 138 Abs.2 BGB): Der Mieter unterschreibt, völlig mittellos, einen Vergleich, der ihm kaum Nutzen bringt, nur um Zeit zu schinden, während der Vermieter sich ungerechtfertigte Vorteile sichern will. In der Praxis kommt das kaum vor, zumal beide Seiten bei einem solchen Vorgehen Gefahr liefen, doch noch vor Gericht zu landen, wo das Gebaren negativ bewertet würde. Drohungen sind ein anderer Aspekt: Wird ein Vergleich unter der Drohung unrechtmäßiger Handlungen erzwungen (z.B. „Wenn Sie nicht unterschreiben, sorge ich dafür, dass Ihr Geschäft polizeilich geschlossen wird“ – ohne rechtliche Grundlage), kann § 123 BGB zur Anwendung kommen. Solche Fälle sind aber ebenfalls selten. Im Ergebnis muss man sich bewusst sein, dass Vergleiche regelmäßig Bestand haben, auch wenn eine Partei „nur aus wirtschaftlichem Druck“ zugestimmt hat. Die Gerichte prüfen keine Äquivalenz wie bei einem normalen Vertrag – das gegenseitige Nachgeben wird als ausreichend erachtet, auch wenn es erheblich ungleich ausfällt. Daher lautet der Appell an Verhandlungsführer: Echte No-Go-Bedingungen vorab definieren und im Zweifel den Vergleichsausstieg wählen, statt einer völlig untragbaren Einigung zuzustimmen. Hat man einmal unterschrieben, ist die Hürde, sich darauf zu berufen, man sei erpresst worden, sehr hoch.

  • Vertretungsfragen und Zustimmungsbedürfnisse: In der Hektik mancher Vergleichsabschlüsse kommt es vor, dass nicht alle nötigen Personen mit an Bord sind. Im Gewerbemietrecht betrifft dies z.B. Konstellationen wie: Der Mietvertrag läuft mit einer GbR, aber nur ein Gesellschafter unterzeichnet den Vergleich; oder ein bevollmächtigter Property Manager des Vermieters schließt den Vergleich, ohne eine ausreichende Vollmacht für Vertragsänderungen zu besitzen. Solche Vertretungsmängel können die Wirksamkeit des Vergleichs gefährden. Grundsätzlich braucht es nach allgemeinem Vertragsrecht (§§ 164 ff. BGB) die Vertretungsmacht für eine wirksame Erklärung im Namen des Vertretenen. Fehlt sie, hängt die Wirksamkeit vom nachträglichen Einverständnis (Genehmigung) ab (§ 177 BGB). Im obigen Beispiel der GbR müsste also der fehlende Gesellschafter zustimmen, damit der Vergleich bindend wird. Tut er das nicht, ist die Erklärung schwebend unwirksam und der Vergleich platzt. Um dies zu vermeiden, sollte die Gegenseite stets auf einem Vollmachtsnachweis oder der Unterschrift aller benötigten Parteien bestehen. Bei juristischen Personen (AG, GmbH) ist darauf zu achten, ob z.B. zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich zeichnen müssen. Ein verbreitetes Problem sind auch Konzernmietverträge: Der eigentliche Vermieter ist etwa eine Objekt-GmbH, aber der Verhandlungsführer ist ein Mitarbeiter der Muttergesellschaft. Hier muss sichergestellt sein, dass Letzterer eine entsprechende Handlungsvollmacht hat (etwa als Prokurist der Vermieter-GmbH). – In laufenden Gerichtsverfahren wird die Frage der Prozessvollmacht relevant: Ein Rechtsanwalt hat kraft §§ 81, 82 ZPO im Zweifel die Befugnis, für seinen Mandanten einen Vergleich zu schließen, es sei denn, der Mandant hat diese Befugnis gegenüber dem Gericht oder Gegner ausdrücklich beschränkt. Eine gegenüber dem Gegner ausgesprochene Beschränkung (z.B. „ich muss jeden Vergleich vorab mit meinem Mandanten rückkoppeln“) ist nach § 83 ZPO wirksam. Fehlt eine solche Mitteilung, darf der Gegner darauf vertrauen, dass der Anwalt zur vergleichsweisen Einigung befugt ist. Das bedeutet: Ein Mandant kann sich nicht ohne Weiteres darauf berufen, sein Anwalt habe den Vergleich ohne Zustimmung geschlossen – es sei denn, die Zustimmung war tatsächlich vorbehalten und dies war erkennbar. Hier empfiehlt es sich für Mandanten, intern klare Anweisungen zu geben und im Zweifel im Termin anwesend zu sein oder den Vergleich unter Widerrufsvorbehalt abzuschließen (d.h. die Parteien einigen sich „vorbehaltlich der Zustimmung des nicht anwesenden Geschäftsführers bis Datum X“). Das Widerrufsrecht nach § 269 ZPO steht bei gerichtlichen Vergleichen zur Verfügung, wenn das Gericht dies ausnahmsweise gestattet – meistens bei Vergleichen, die im schriftlichen Verfahren oder Telefontermin geschlossen werden. In klassischen Güteverhandlungen wird ein sofort wirksamer Vergleich jedoch nur mit Zustimmung aller Beteiligten protokolliert.

  • Ein verwandtes Problem ist die Genehmigung durch Dritte: In manchen Gewerbemietverträgen ist z.B. vereinbart, dass bestimmte Vertragsänderungen der Zustimmung eines Grundstückseigentümers (wenn Vermieter nur Pächter ist) oder eines finanzierenden Gläubigers bedürfen. Wird diese Klausel missachtet, kann ein Vergleich ggf. materiell unwirksam sein oder Schadenersatzpflichten auslösen. Ebenso kann bei größeren Unternehmen eine interne Zustimmung (Aufsichtsrat, Beirat) erforderlich sein – dies betrifft aber das Innenverhältnis, nicht die externe Gültigkeit, solange die Vertretungsmacht nach außen uneingeschränkt ist. Insgesamt sollte bei komplexen Beteiligtenstrukturen vor Abschluss geklärt sein, ob jede Seite voll handlungsfähig ist, oder ob z.B. zunächst ein Gremium zustimmen muss. Nichts ist ärgerlicher, als einen fein austarierten Vergleich nachträglich zu verlieren, weil formell nicht alle nötigen Unterschriften geleistet wurden.

  • Unklare oder lückenhafte Formulierungen: Ein praktisches Risiko besteht darin, dass ein Vergleich missverständlich formuliert ist. Anders als ein Gerichtsurteil, das einen konkreten Antrag entscheidet, sollen Vergleiche oft global wirken und viele Aspekte in einem Dokument regeln. Dabei schleichen sich leicht Unschärfen ein. Etwa könnte die Abgeltungsklausel zu weit oder zu eng gefasst sein (siehe oben), oder es bleibt unklar, was passiert, wenn eine Seite nicht termingerecht erfüllt. Beispiel: „Der Mieter wird bis zum 31.12. ausziehen, anderenfalls schuldet er eine Vertragsstrafe von 5.000 €.“ – Was aber mit der Mietsache nach dem 31.12. geschieht (läuft das Mietverhältnis weiter, kann der Vermieter ohne neue Klage räumen lassen?), ist dann nicht eindeutig. Oder: „Die Parteien vereinbaren einen Mietnachlass von 20% für die Dauer der Bauarbeiten.“ – Wann genau gelten die Bauarbeiten als beendet? Solche Lücken führen zu Auslegungsschwierigkeiten, die im schlimmsten Fall neuen Streit erzeugen und eine gerichtliche Klärung nötig machen. Zwar wird ein Gericht im Zweifel versuchen, den Vergleich aufrecht zu erhalten und mittels Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu füllen, was fehlt. Aber das Ergebnis entspricht dann womöglich nicht dem, was die Parteien intendiert hatten. Um dies zu vermeiden, sollte die Sprache des Vergleichs möglichst präzise sein. Juristisch bewährte Formulierungen (insbesondere bei Terminsache: „unter Ausschluss der Fortsetzung des Mietverhältnisses“, „endgültige Räumung bis…“, „Zahlung bis …, andernfalls ist der gesamte Restbetrag sofort in einer Summe fällig“ etc.) sollten genutzt werden. Ein guter Vergleich „denkt mit“ und beantwortet die Fragen: Wer, was, wann, wie und was, wenn nicht? – Gerade erfahrene Mietrechtler wissen, welche Punkte typischerweise Streit nach sich ziehen, und regeln sie prophylaktisch. Beispiel: In Räumungsvergleichen wird oft aufgenommen, was mit zurückgelassenen Sachen passiert (Eigentumsübergang an Vermieter zum Entrümpeln oder Lagerpflicht?), um darüber keine Diskussion zu haben.

  • Externe Einflüsse und Genehmigungen: Ein nicht alltägliches, aber mögliches Risiko ist, dass ein Vergleich von einer behördlichen oder gerichtlichen Genehmigung abhängen könnte. Im Gewerbemietrecht selbst gibt es keine Genehmigungspflicht (anders als z.B. im öffentlichen Mietrecht oder in der Insolvenz eventuell). Doch denkt man an Fälle wie: Das Mietobjekt gehört einer Gemeinde – muss der Stadtrat eine Vergleichsaufhebung absegnen? Oder der Mieter steht unter Insolvenzverwaltung – benötigt man die Zustimmung des Insolvenzverwalters für einen Vergleich, der auf Massewerte verzichtet? Solche Konstellationen erfordern Spezialwissen. Grundsätzlich gilt: Vergleichsabschlüsse, die in die Rechte Dritter eingreifen, sind heikel. Etwa wenn ein Vermieter im Vergleich zusagt, einen bestimmten Nachmieter zu akzeptieren – dieser Nachmieter ist zwar nicht Vertragspartner des Vergleichs, aber indirekt betroffen. Im Zweifel sollte man entsprechende Dritte ins Boot holen oder zumindest den Vergleich unter eine aufschiebende Bedingung stellen („… wird wirksam mit Zustimmung des Insolvenzverwalters“). Es ist ratsam, im Vorfeld zu prüfen, ob z.B. behördliche Erlaubnisse (bei Erledigung eines Rechtsstreits vor der Gütestelle etc.) erforderlich sind.

  • Steuerliche und buchhalterische Folgen: Nicht wirklich ein rechtliches Wirksamkeitsproblem, aber ein praktischer Aspekt: Manche Vergleichsregelungen haben steuerliche Implikationen – z.B. wenn Mietzahlungen erlassen oder Vorauszahlungen einbehalten werden. Umsatzsteuerlich muss korrekt behandelt werden, ob ein teilweiser Leistungswegfall vorliegt und wie Gutschriften zu erstellen sind. Auch die Verbuchung einer Abfindungszahlung (bei Aufhebung) sollte klar sein – für den Mieter kann sie ggf. als Betriebsausgabe abziehbar sein, für den Vermieter als Schadenersatz zu versteuern etc. Diese Dinge liegen zwar außerhalb der unmittelbaren Rechtsgültigkeit des Vergleichs, doch sollten die Parteien sie im Hinterkopf haben, um keine unangenehmen Überraschungen zu erleben.

Zusammengefasst ist die Sorgfalt bei Vergleichsabschlüssen der beste Schutz vor Risiken. Alle Beteiligten sollten den Inhalt vollständig verstehen und mittragen. Insbesondere schriftliche Fixierung, klare Benennung aller Punkte und Überprüfung von Formalien (Vollmacht, Form) sind unerlässlich. Denn ist der Vergleich erst geschlossen, sollen nach Möglichkeit keine Nachhutgefechte mehr geführt werden müssen.

Gerichtliche und außergerichtliche Vergleichslösungen – Mediation und Schlichtung

Vergleiche können sowohl außergerichtlich erzielt werden (im direkten Kontakt der Parteien oder moderiert durch Dritte) als auch gerichtlich im Rahmen eines Prozesses. Beide Wege haben Vor- und Nachteile, die im Gewerbemietrecht abzuwägen sind. Zudem gibt es alternative Konfliktlösungsverfahren wie Mediation oder Schlichtung, die speziell in dauerhaften Mietbeziehungen empfehlenswert sein können.

  • Außergerichtlicher Vergleich: Finden Vermieter und Mieter bereits ohne Anrufung eines Gerichts zusammen, spricht man von einem außergerichtlichen (privaten) Vergleich. Dieser unterliegt frei den Vertragsregeln und kann inhaltlich auch Angelegenheiten regeln, die in keinem anhängigen Verfahren sind. Vorteil: Die Verhandlungen verlaufen vertraulich und informell; es entsteht keine Öffentlichkeit, wie sie ein Gerichtsverfahren mit sich bringt, was insbesondere bei sensiblen Geschäftsdetails wünschenswert ist. Die Parteien können sich Zeit nehmen und kreative Lösungen erarbeiten, die ein Gericht so nicht anordnen könnte (etwa künftige Zusammenarbeit, Mietkredit etc.). Ein großer Nachteil ist allerdings: Der außergerichtliche Vergleich ist zunächst nicht vollstreckbar. Hält sich eine Seite nicht an die Abmachung, muss die andere Seite Klage erheben, um daraus einen Titel zu machen. Dieses Risiko lässt sich teilweise umgehen, indem man den Vergleich notariell beurkundet und eine Vollstreckungsunterwerfung nach § 794 Abs.1 Nr.5 ZPO einbaut – z.B. bei Zahlungsvergleichen eine gängige Praxis, wenn hohe Summen in Raten gezahlt werden sollen. Notarkosten sind jedoch nicht unerheblich. Alternativ kann ein im Grunde schon geschlossener außergerichtlicher Vergleich nachträglich ins Gerichtsverfahren transportiert werden (s.u. Prozessvergleich gem. § 278 Abs.6 ZPO).

  • Gerichtlicher Vergleich (Prozessvergleich): Ist ein Rechtsstreit bereits anhängig – etwa der Vermieter hat Räumungsklage eingereicht oder der Mieter Zahlungsklage auf Mietminderung –, so kann vor Gericht jederzeit ein Vergleich geschlossen werden (§ 278 ZPO). Im Gegensatz zum außergerichtlichen Vertrag wird dieser Vergleich in das Gerichtsprotokoll aufgenommen und von den Parteien bzw. ihren Bevollmächtigten genehmigt. Die Vorteile sind: (1) Enforceability: Der gerichtliche Vergleich ist per se ein Vollstreckungstitel (§ 794 Abs.1 Nr.1 ZPO). Jede Verpflichtung daraus (Zahlung, Räumung usw.) kann direkt zwangsweise durchgesetzt werden, falls die Gegenpartei säumig ist. (2) Verfahrensbeendigung: Der Rechtsstreit wird mit Protokollierung in der vereinbarten Weise erledigt – ein kosten- und zeitraubendes Urteil entfällt. (3) Gerichtliche Protokollierung ersetzt die Schriftform: Wie erwähnt, ist das Gerichtsprotokoll einer notariellen Beurkundung gleichwertig; die Parteien müssen nicht separat unterschreiben, die Verkündung im Termin reicht. (4) Häufig übernimmt der Richter (insbesondere in Spezialkammern für Mietrecht) eine moderierende Rolle und hilft, den Vergleich ausgewogen auszugestalten. Er kann auf Lücken hinweisen oder Formulierungsvorschläge machen, damit keine Unklarheiten bleiben. – Ein möglicher Nachteil des Prozessvergleichs ist, dass man zunächst die Hemmschwelle eines Gerichtsverfahrens überschreiten muss; das heißt, es entsteht Öffentlichkeit (Gerichtsöffentlichkeit) und oft Verschlechterung der Beziehung, sobald Klage erhoben ist. Allerdings finden viele Gewerbemiet-Prozessvergleiche gleich in frühen Stadien statt (im ersten Termin), sodass die Publizität gering bleibt.

  • Prozessvergleich nach § 278 Abs.6 ZPO: Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit, einen Vergleich auch ohne mündliche Verhandlung gerichtlich festzuschreiben. Wenn ein Verfahren anhängig ist, können die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder diesem zustimmen; das Gericht stellt dann durch Beschluss das Zustandekommen des Vergleichs fest. Diese Variante erlaubt es, außergerichtlich ausgehandelte Ergebnisse „nachträglich“ in einen vollstreckbaren Titel zu überführen, ohne dass eine Präsenzverhandlung nötig wäre. Sie ist z.B. nützlich, wenn in der Zwischenzeit nach Klageerhebung eine Einigung erzielt wurde – dann muss man nicht zur mündlichen Verhandlung erscheinen, sondern kann per Schriftsatz den Vergleich schließen. Fristen und Formerfordernisse müssen dabei beachtet werden (der Vergleichsvorschlag muss vom Gericht an die Parteien kommuniziert werden und beide müssen innerhalb einer Frist zustimmen, § 278 Abs.6 S.2 ZPO).

  • Widerrufsmöglichkeiten: Manche gerichtliche Vergleiche werden – insbesondere wenn eine Partei nicht persönlich anwesend ist – unter einem Widerrufsvorbehalt geschlossen. Das Gericht protokolliert also den Vergleich, räumt aber einer oder beiden Seiten das Recht ein, binnen einer bestimmten Frist (meist 1–2 Wochen) ohne Angabe von Gründen den Vergleich zu widerrufen. Tut dies niemand, wird der Vergleich nach Fristablauf endgültig wirksam. Diese Praxis bietet den Vorteil, dass ein Vertreter (z.B. Anwalt) im Termin flexibel abschließen kann, der Mandant aber noch eine Bedenkzeit hat. Im Gewerbemietrecht kommt dies etwa vor, wenn die Entscheidung über den Vergleich intern noch abgestimmt werden muss (z.B. mit einer Geschäftsleitung oder einem fernen ausländischen Investor). Allerdings sollte der Widerrufsvorbehalt nicht überstrapaziert werden, da er die Verbindlichkeit mindert – mitunter könnte der Gegner sonst geneigt sein, in der Zwischenzeit bessere Angebote zu prüfen.

  • Mediation als außergerichtliche Konfliktlösung: Angesichts der Komplexität und langfristigen Bedeutung vieler Gewerbemietverhältnisse wird Mediation zunehmend als Alternative geschätzt. Mediation ist ein strukturiertes, freiwilliges Verfahren, bei dem ein neutraler Mediator die Parteien dabei unterstützt, eine eigenverantwortliche und einvernehmliche Lösung zu finden. Vorteile im Mietkontext sind u.a. Vertraulichkeit, Beziehungserhalt (die Parteien arbeiten kooperativ zusammen, was das Verhältnis oft weniger belastet als ein Gerichtsprozess) und Flexibilität in der Lösungsfindung. Ein Mediationsverfahren läuft typischerweise in mehreren Sitzungen ab. Zuerst werden die Streitpunkte und Interessen beider Seiten gesammelt (z.B. möchte der Vermieter Planungssicherheit und Kostendeckung, der Mieter möchte Geschäftskontinuität und fairen Mietpreis). Dann werden gemeinsam kreative Optionen entwickelt, oft über den Tellerrand hinaus. So könnte als Lösung ein Vertragshändlermodell diskutiert werden (Miete teilweise umsatzabhängig), oder der Tausch von Flächen innerhalb eines Objekts, etc. Wichtig: Der Mediator trifft keine Entscheidung, er erleichtert lediglich die Verständigung. Am Ende steht idealerweise eine Mediationsvereinbarung, die detailliert festhält, worauf man sich geeinigt hat. Diese Vereinbarung hat zunächst nur den Status eines privatrechtlichen Vertrags. Um sie verbindlich zu machen, kann sie – wie jeder außergerichtliche Vergleich – in einen gerichtlich protokollierten Vergleich umgewandelt oder notariell beurkundet werden. Die Bereitschaft zur Mediation hängt von beiden Parteien ab; es erfordert Kooperationswillen und Vertrauen in das Verfahren. In Gewerbemietsachen mit hohem Streitwert oder komplexen technischen Fragen (z.B. Ausbaukosten, Renovierungsverantwortung) kann ein Mediator mit technischem oder kaufmännischem Hintergrund (z.B. Architekt, Betriebswirt) neben juristischen Belangen vermitteln.

  • Schlichtung und Schiedsverfahren: Schlichtung ähnelt der Mediation, doch mit dem Unterschied, dass der Schlichter – meist eine sachkundige Person oder ein Schlichtungsausschuss – am Ende einen Vorschlag für die Konfliktlösung unterbreitet. Manche Gewerbemietverträge enthalten Schlichtungsklauseln, wonach im Streitfall vor einem Gerichtsprozess ein Schlichtungsverfahren zu durchlaufen ist, oft z.B. vor der Industrie- und Handelskammer. Anders als in einigen anderen Rechtsgebieten (Nachbarrecht, Miete von Wohnraum in bestimmten Bundesländern) gibt es im Gewerbemietrecht keine gesetzliche Pflicht zur Schlichtung vor Klageerhebung. Es steht den Parteien aber frei, dies zu vereinbaren. Ein Schlichterspruch ist nicht bindend, kann aber die Basis für einen freiwilligen Vergleich sein. – Schiedsverfahren hingegen sind richtig gerichtsförmige Verfahren, die in einem Schiedsspruch münden. In Gewerbemietverträgen sind Schiedsklauseln weniger verbreitet als in internationalen Commercial-Leases, aber sie kommen vor allem bei sehr hochpreisigen Objekten oder im Rahmen von Mietverträgen mit Auslandsbezug vor. Im Schiedsverfahren können die Parteien jederzeit auch einen schiedsrichterlichen Vergleich schließen; häufig sieht die Schiedsordnung vor, dass das Schiedsgericht diesen auf Wunsch der Parteien in einem Consent Award (vereinbarter Schiedsspruch) festhalten kann, der wiederum wie ein normales Schiedsgerichtsurteil vollstreckbar ist. Vorteil: Die Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens bleibt gewahrt. Nachteil: Schiedsverfahren sind teuer, und wenn ohnehin die Einigung zustande kommt, wäre der Weg über ordentliche Gerichte möglicherweise günstiger gewesen.

  • Gerichtsinterne Vergleichsvorschläge: Noch zu erwähnen ist ein Hybrid: Gerichte können sog. Güterichter einsetzen (§ 278 Abs.5 ZPO). Das heißt, der Rechtsstreit wird an einen speziell ausgebildeten Richter verwiesen, der keine Entscheidungskompetenz hat, sondern nur bei der Einigung hilft – im Grunde also gerichtliche Mediation. Viele Landgerichte (auch mit zuständigkeit für Gewerbemietsachen) bieten diese Möglichkeit an. Sie hat den Charme, dass auf neutralem Boden ohne unmittelbare Verhandlungsdruck des Hauptverfahrens gesprochen werden kann. Kommt ein Vergleich zustande, wird er protokolliert und ist dann gleich einem Prozessvergleich wirksam.

  • Vor- und Nachteile im Überblick: Außergerichtliche Verfahren (Mediation, Schlichtung) punkten mit Schnelligkeit, Flexibilität und Erhalt der Geschäftsbeziehung. Die Parteien kontrollieren selbst das Ergebnis und können es so ausgestalten, dass beide gewinnen (win-win). Sie eignen sich besonders, wenn die Beziehung fortgesetzt werden soll und Vertrauen (oder zumindest Kommunikationsbereitschaft) vorhanden ist. Gerichtliche Vergleiche bzw. der Gerichtsweg bieten Druckmittel und Klarheit: Oft ist es die Aussicht auf ein ungewisses Urteil, die Parteien zum Einlenken bewegt – dieser Druck fehlt außergerichtlich manchmal, sodass Verhandlungen sich ziehen können. Außerdem liefert der gerichtliche Weg einen vollstreckbaren Titel und erledigt das Problem abschließend in rechtssicherer Form. Das Setting vor Gericht kann aber die Fronten auch verhärten; hier ist Fingerspitzengefühl des Richters gefragt, eine Atmosphäre der Einigung zu schaffen.

In der Praxis des Gewerbemietrechts werden viele Konflikte durch Vergleiche beendet, ob im oder außerhalb des Prozesses. Die Gerichte selbst berichten, dass ein erheblicher Teil der Mietstreitigkeiten vergleichsweise erledigt wird (nicht selten 50% und mehr). Das entspricht dem Parteiwillen, da es letztlich um ökonomische Interessen geht, die man besser selbst disponieren kann, als sie in die Hand des Richters zu legen.

Aktuelle Rechtsprechung und Literaturmeinungen

Die Rechtsmaterie der Gewerberaummiete ist in steter Bewegung. In den letzten Jahren haben einige höchstrichterliche Entscheidungen und neue gesetzliche Regelungen die Rahmenbedingungen für Vergleichslösungen beeinflusst.

Im Folgenden werden ausgewählte Entwicklungen sowie Positionen der Literatur skizziert:

  • BGH-Rechtsprechung zur Mietanpassung in der COVID-19-Pandemie: Eine der bedeutsamsten Entscheidungen betrifft die bereits erwähnte Störung der Geschäftsgrundlage durch Lockdown-Maßnahmen. Mit Urteil vom 12. Januar 2022 (Az. XII ZR 8/21) hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass Gewerbemietern grundsätzlich ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 BGB zustehen kann, wenn staatliche Schließungsanordnungen wegen COVID-19 zu gravierenden Umsatzeinbußen führen. Gleichzeitig hat er pauschalen Lösungen (wie einer hälftigen Reduktion für alle Fälle) eine Absage erteilt und ausführliche Kriterien für die Zumutbarkeitsprüfung benannt. Diese Entscheidung, sowie nachfolgende Urteile im Jahr 2022 (u.a. XII ZR 17/21 und XII ZR 75/21), sorgten für erhebliche Resonanz in der Literatur. Die überwiegende Meinung begrüßte, dass der BGH den Weg zu individuellen Lösungen geebnet hat, kritisierte aber teils die Hürden als sehr hoch. Einige Autoren plädierten dafür, vom Gesetzgeber klarere Vorgaben (etwa einen bestimmten Prozentsatz) einzuführen, um die Verhandlungspositionen zu vereinfachen – dies ist jedoch nicht erfolgt. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit Art. 240 § 7 EGBGB nur eine Vermutungsregel geschaffen, die der BGH seinerseits als Bestätigung für § 313 BGB herangezogen hat. In der Praxis führte die BGH-Rechtsprechung letztlich dazu, dass viele Prozesse durch Vergleiche beendet wurden, weil beide Seiten nach dem höchstrichterlichen Signal bereit waren, ein vernünftiges Maß an Anpassung zu akzeptieren anstatt auf stures Beharren (Mieter auf 100% Nachlass, Vermieter auf 0%).

  • Schriftformklauseln und Kündigungsrecht: Ein weiterer Dauerbrenner war die Problematik der Schriftformheilungsklauseln. Viele Gewerbemietverträge enthielten bislang Klauseln, wonach die Parteien auf das Recht zur Berufung auf einen Schriftformmangel verzichten (um die Vertragssicherheit zu erhöhen). Der BGH hat diese Klauseln jedoch schon 2017 (Az. XII ZR 114/16) für unwirksam erklärt, soweit sie gegenüber einem Grundstückserwerber wirken – der Schutz des Erwerbers aus § 550 BGB dürfe nicht durch Vertrag zwischen Vormieter und -vermieter ausgehöhlt werden. Diese Rechtsprechung hat Literaturkritik erfahren, da sie die Vertragsautonomie einschränkt; der Gesetzgeber hat aber nun mit der generellen Umstellung auf Textform reagiert und das Problem damit perspektivisch entschärft. Übergangsweise bleibt jedoch relevant, was der BGH in einem Beschluss vom 15. September 2021 (XII ZR 60/20) nochmals betont hat: Jede formbedürftige Änderung löst bei Formverstoß die Folge aus, dass der Vertrag nach einem Jahr ordentlich kündbar ist, wobei die Jahresfrist mit Abschluss des formnichtigen Änderungsvertrags neu zu laufen beginnt. Diese Mechanik wurde von Kommentatoren als „Schriftformfalle“ vielfach beschrieben. Einige im Schrifttum haben gefordert, § 550 BGB ganz abzuschaffen oder durch eine Anmeldepflicht zum Grundbuch zu ersetzen. Der jetzt beschrittene Weg, die Form zu erleichtern (Textform), wurde ebenfalls schon länger diskutiert und mehrheitlich befürwortet – mit dem Argument, in modernen Geschäftsverkehr sei die eigenhändige Unterschrift in vielen Fällen entbehrlich und hinderlich (gerade im dynamischen Gewerbemietrecht).

  • Inhaltskontrolle von Vergleichsklauseln: In der Literatur zum Mietrecht wird immer wieder der Spannungsbogen thematisiert zwischen AGB-Kontrolle und der Natur des Vergleichs. Bereits ältere Abhandlungen (z.B. Würdinger, WM 1989) und neuere Kommentare (etwa in MünchKomm-BGB) betonen, dass bei einem echten Vergleich § 307 BGB nur eingeschränkt greift, weil das gegenseitige Nachgeben die „angemessene Berücksichtigung der Interessen“ indiziert. Dennoch wurden auch in aktuellen Entscheidungen Klauseln als unwirksam kassiert, die zu weit gingen: Beispielsweise hat das Bundesarbeitsgericht für arbeitsrechtliche Vergleichsabreden (die teils auf Gewerbemietvergleiche übertragbar sind) entschieden, dass unklare oder unverständliche Ausgleichsklauseln zulasten des Klauselverwenders ausgelegt werden (§ 305c Abs.2 BGB). Übertragen heißt dies: Wenn ein Vermieter ein standardmäßiges Vergleichsdokument verwendet, in dem der Mieter „auf alle denkbaren Ansprüche“ verzichtet, könnten Zweifel an der Reichweite zu Lasten des Vermieters gehen (im Zweifel wäre die Klausel eng auszulegen oder unwirksam). Die Literatur rät daher, Ausgleichsklauseln im Zweifel restriktiv zu interpretieren – unbekannte Ansprüche sollen nur erfasst sein, wenn dies wirklich beabsichtigt und ausdrücklich vereinbart wurde. Formulierungsbeispiele in Handbüchern (z.B. dem Handbuch der Geschäftsraummiete) empfehlen Zusätze wie: „… aus dem Mietverhältnis und seiner Beendigung sind alle Ansprüche erledigt, soweit sie den Parteien heute bekannt oder bis heute entstanden sind.“ Damit soll verhindert werden, dass etwa ein erst nach Vergleichsschluss auftretender Alt-Mangel trotz fehlender Kenntnis mitverzichtet wurde.

  • Aktuelle Konfliktfelder laut Literatur: Jüngst diskutieren Literaturstimmen vermehrt Themen, die in Vergleichsgesprächen relevant werden könnten, z.B.: Indexmieten und Vertragsanpassung – die drastisch gestiegene Inflation 2022/23 führte dazu, dass Indexmieten sprunghaft anstiegen. Es stellt sich die Frage, ob Mieter bei extremen Indexsprüngen eine Anpassung oder Milderung verlangen können (Stichwort Wegfall der Geschäftsgrundlage analog). Hier zeichnen sich bereits außergerichtliche Vergleiche ab, bei denen Vermieter freiwillig einen Kappungswert ansetzen, um Mietern entgegenzukommen und Leerstand zu vermeiden. Die Rechtslage ist allerdings unsicher; einige Autoren bejahen grundsätzlich die Möglichkeit einer gerichtlichen Vertragsanpassung, wenn z.B. eine Indexklausel zu einer völlig unvorhersehbaren Steigerung führt, andere lehnen dies ab und verweisen auf die vertragliche Überwälzung des Inflationsrisikos. In der Praxis dürften Kompromisse (Vergleiche) hier pragmatisch die Lösung bringen, da starres Beharren riskant ist.

  • Weiteres: In der Rechtsprechung zum Gewerbemietrecht gab es ferner Entscheidungen zu Wertsicherungsklauseln, Betriebspflichtklauseln und Vertragsstrafen, die indirekt Einfluss auf Vergleichsbereitschaft haben. So hat etwa der BGH entschieden, dass eine formularmäßige Vertragsstrafe für verspätete Rückgabe in Wohnraummietverträgen unzulässig ist (VIII ZR 95/14) – übertragen auf Gewerberaum könnte eine zu hohe Strafe im Räumungsvergleich evtl. auch sittenwidrig sein. Daher wird in Vergleichen oft mit pauschalen Entschädigungen gearbeitet statt mit „Strafe“. Auch die Literatur (z.B. Börstinghaus in NZM 2016) betont, dass Vergleiche sorgfältig austariert sein müssen, um nicht im Ergebnis ein einseitiges Druckmittel zu enthalten.