Auflösung und Beilegung gewerblicher Mietverträge
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Außergerichtliche Streitbeilegung und Vergleichsverhandlungen
In gewerblichen Mietverhältnissen entstehen regelmäßig komplexe Streitigkeiten, insbesondere bei Betriebskostenabrechnungen, Instandhaltungspflichten oder Rückgabezuständen. Der gerichtliche Klageweg ist jedoch kostspielig, zeitaufwendig und für die Geschäftsbeziehung oft belastend. Daher gewinnen außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren zunehmend an Bedeutung – sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus rechtlicher Sicht. Die §§ 278 ff. ZPO fördern bereits im gerichtlichen Verfahren aktiv eine gütliche Einigung, während viele Mietparteien schon zuvor auf Mediation, Schlichtung oder direkte Vergleichsverhandlungen setzen. Facility Manager und rechtliche Berater spielen dabei eine Schlüsselrolle: Sie stellen technische Fakten, moderieren Lösungen und sorgen für die Umsetzung einvernehmlicher Ergebnisse im laufenden Objektbetrieb.
Vergleichsverhandlungen statt Gerichtsverfahren nutzen
Relevanz außergerichtlicher Lösungen im Gewerberaummietverhältnis
Gewerbliche Mietverträge befassen sich häufig mit komplexen Sachverhalten (z.B. strittige Nebenkostenabrechnungen, Instandhaltungsmängel, Abnahme- und Übergaberegelungen). Solche Konflikte können den Geschäftsbetrieb erheblich stören und hohe Prozesskosten verursachen. Daher streben Vermieter und Mieter in der Praxis oft eine gütliche Einigung an, um Aufwand und Zeit zu sparen sowie die Geschäftsbeziehung zu erhalten. Eine Kommentierung weist darauf hin, dass Schlichtungs- oder Mediationsklauseln im Gewerbegeschäft grundsätzlich zulässig sind und „dazu beitragen [können], Konflikte einvernehmlich beizulegen, ohne den ordentlichen Rechtsweg beschreiten zu müssen“. Zudem betonen Experten, dass solche Klauseln den Parteien frühzeitig einen alternativen Lösungsweg nahelegen und so helfen, hohe Anwaltskosten zu vermeiden. Nicht zuletzt sorgt das Facility Management dafür, dass Mietobjekte betriebssicher und funktionsfähig bleiben (z.B. Kontrolle technischer Systeme, Einhaltung von Sicherheitsstandards), was Streitpotenziale mindert. Auch die Vertraulichkeit und die Flexibilität von außergerichtlichen Verfahren (keine öffentliche Urteilsfindung, individuell gestaltbare Lösungen) stärken das Interesse der Parteien an einer außergerichtlichen Klärung.
Rechtliche Grundlagen und gesetzliche Anreize
Das deutsche Prozessrecht fördert die gütliche Einigung. Gemäß §278 ZPO soll „das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein“. Vor jeder mündlichen Verhandlung ist eine Güteverhandlung vorgeschrieben (§278 Abs.2 ZPO), es sei denn, ein vorheriger Einigungsversuch vor einer Schlichtungsstelle hat bereits stattgefunden oder wäre offensichtlich aussichtslos. In der Güteverhandlung erörtert der Richter mit den Parteien den Streitstand und mögliche Lösungen. Das Gericht kann dazu auch einen nicht entscheidungsbefugten „Güterichter“ bestellen, der alle Methoden der Konfliktbeilegung (inkl. Mediation) einsetzen kann. Zudem enthält §278a ZPO seit 2012 die Möglichkeit der gerichtsnahen Mediation: Das Gericht kann den Parteien eine Mediation oder ein anderes außergerichtliches Verfahren vorschlagen, und wenn die Parteien daraufhin einen Mediationsversuch wählen, wird das gerichtliche Verfahren ausgesetzt. Entsprechend verlangt §253 Abs.3 Nr.1 ZPO, dass die Klageschrift angibt, „ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist“.
Neben diesen prozessualen Anreizen gibt es einige gesetzliche Ansätze zur Förderung von Schlichtung. Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) schafft zwar bundesweit anerkannte Schlichtungsstellen für Verbraucher-Streitigkeiten, gilt aber nur bei Verbraucherverträgen – und ein gewerblicher Mieter ist nach §13 BGB ausdrücklich kein Verbraucher. Demnach kommen die VSBG-Stellen für reines Gewerbemietrecht nicht in Betracht. Eine historische Randnotiz bildet §15a EGZPO (z.Z. ZPO), der den Ländern erlaubte, Schlichtungspflichten einzuführen (z.B. für Bagatellforderungen bis 750 € oder Nachbarstreitigkeiten). Dieser Schlichtungszwang wurde jedoch als wenig praktikabel verworfen – 2015 wurde festgestellt, dass er weitgehend gescheitert ist. In der Konsequenz bleibt die Teilnahme an Mediation oder Schlichtung in Gewerbeangelegenheiten in der Regel freiwillig, abhängig von Vertragsabreden und Verhandlungseinsatz der Parteien.
Formen der außergerichtlichen Streitbeilegung
Mediation: Ein strukturiertes, freiwilliges Verfahren, bei dem ein neutraler, externer Mediator die Parteien unterstützt. Ziel ist eine gemeinsame, selbst erarbeitete Lösung ohne gerichtliches Urteil. Die Mediation ist ergebnisoffen und völlig freiwillig; die Mediatoren treffen keine Entscheidung, sondern moderieren den Dialog. Sie beruht auf Vertraulichkeit und ermöglicht den Parteien, technische und wirtschaftliche Aspekte (z.B. vertragliche Pflichten oder Reparaturbedarf) gemeinsam zu diskutieren. In Deutschland ist Mediation durch das Mediationsgesetz (MediationsG) geregelt, und es existieren zahlreiche Mediationsstellen und -kammern (z.B. Industrie- oder Handwerkskammer, private Mediationseinrichtungen), die speziell auf Wirtschafts- und Mietrechtskonflikte ausgerichtet sind. Ein erfolgreicher Mediationsversuch kann – wie in §278a ZPO vorgesehen – sogar zum Ruhen eines anhängigen Verfahrens führen.
Schlichtungsverfahren (Güteverfahren): Diese sind oft informeller als Gerichtsverfahren. Örtliche Kammern oder Verbände (z.B. IHK, HWK, lokale Schlichtungsstellen wie die „Öffentliche Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle“ (ÖRA) in Hamburg) bieten Streitparteien die Möglichkeit, durch einen Schlichter oder eine Gütestelle vermittelt zu werden. Ein Beispiel vertragsseitiger Regelung sieht vor, dass bei Meinungsverschiedenheiten zunächst ein Gespräch geführt und gegebenenfalls ein Güte-Termin bei einer ÖRA vereinbart wird. Kosten fallen meist moderat an und werden oft geteilt. Auch „Schlichterstelllen“ der Justiz (Gerichtsbarkeit des Landgerichts) dienen demselben Zweck: Vor der Klageeinreichung oder vor der mündlichen Verhandlung kann ein vorgerichtliches Einigungsangebot der Gütestelle vorbehalten sein. All diese Schlichtungsverfahren bleiben freiwillig und dienen der Vermeidung einer richterlichen Entscheidung.
Vergleichs- und Direktverhandlungen: Am einfachsten ist die direkte Absprache zwischen den Parteien oder deren Vertretern (z.B. mit juristischer oder FM-Unterstützung). Oft organisieren Facility Manager oder Asset Manager Treffen zwischen Mieter und Vermieter, um Lösungsvorschläge (z.B. Nachlass bei Ausfallzeiten, Aufteilung von Reparaturkosten, Fristverlängerungen) zu verhandeln. Solche Verhandlungen können informell sein (Telefonat, Meeting) oder formal (Protokoll). Da hier die Geschäftskontinuität im Vordergrund steht, werden pragmatische Kompromisse angestrebt. Die technische Expertise der Facility Manager kann dabei helfen, Fragen der Umsetzbarkeit (z.B. zeitlicher Aufwand von Reparaturen, Notwendigkeit von Baustopps) in die Lösungen einzubeziehen. Letztlich bleiben Direktvergleiche ebenso wie die anderen Verfahren „out-of-court“ und können auf die jeweiligen Bedürfnisse des Betriebs zugeschnitten werden.
Rolle des Facility Managements in der Streitschlichtung
Das technische und kaufmännische Facility Management (FM) spielt bei der außergerichtlichen Konfliktlösung eine zentrale Unterstützerrolle. Facility Manager liefern entscheidende Sachinformation – sie führen technische Begehungen durch, erstellen Übergabeprotokolle und dokumentieren Mängel sowie bisherige Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten. Bei Nebenkostenstreitigkeiten etwa liefern sie Verbrauchsdaten (Strom, Wasser, Heizung) und Betriebskostenabrechnungen, um strittige Posten zu belegen. Bei strittigen Mängelanzeigen prüfen FM-Teams, ob eine Vertragsverletzung (z.B. fehlerhafte Installation) vorliegt oder ob der Mieter seinen Instandhaltungspflichten nachgekommen ist. Damit unterstützen sie Anwälte und Mediatoren mit belastbaren Informationen.
Des Weiteren koordinieren Facility Manager im Streitfall Sachverständige und Handwerker, um Gutachten zu erstellen oder Reparaturen durchzuführen. Sie helfen, praktikable Lösungswege zu entwerfen (z.B. ob und wann ein Schaden behoben wird und wie die Kosten geteilt werden können) und informieren darüber rechtliche Berater. Nach einem Vergleich sorgen FM-Verantwortliche für dessen Umsetzung: Sie überwachen vereinbarte Reparaturen, prüfen die Abrechnungskorrekturen und passen Betriebsprozesse an. Zusammenfassend agieren Facility Manager als technische Vermittler zwischen Vermieter und Mieter und tragen so wesentlich dazu bei, dass ein außergerichtlich erzielter Kompromiss wirtschaftlich realisierbar ist und anschließend im Immobilienbetrieb umgesetzt werden kann.
Vertragliche Klauseln zur Förderung außergerichtlicher Lösung
Gewerbliche Mietverträge können ausdrücklich Klauseln enthalten, die den Weg zu Gericht erst nach einem Schlichtungs- oder Mediationsversuch eröffnen. Solche Klauseln sind bei langjährigen und kapitalintensiven Mietverhältnissen besonders sinnvoll. In der Praxis finden sich z.B. folgende Musterformulierungen: Einige Muster (etwa der IHK) verpflichten die Parteien, „im Falle einer sich aus diesem Vertrag ergebenden Streitigkeit vor der Klageerhebung ... eine Mediation gemäß der Mediationsordnung der IHK Darmstadt durchzuführen“. Andere Verträge sehen vor, zunächst einen Gesprächs- und Güteversuch bei einer Schlichtungsstelle (z.B. öffentliche Gütestelle, IHK-Schlichter) zu unternehmen. Kombinierte Klauseln koppeln Mediation und Schiedsgericht: Hier wird vereinbart, dass im Fall des Scheiterns der Mediation anschließend ein Schiedsverfahren (z.B. nach den Regeln der IHK oder der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit) eingeleitet wird. Solche Vertragsklauseln weisen die Parteien frühzeitig darauf hin, dass außergerichtliche Verfahren gewünscht sind und oft günstigere Lösungen zulassen. Gerichte bestätigen mittlerweile die Wirksamkeit dieser Klauseln: Das LG Hamburg befand kürzlich, dass die Vereinbarung eines vorrangigen Schlichtungsverfahrens im Gewerbemietvertrag wirksam sei und vor Klageerhebung eingehalten werden müsse. Insgesamt dienen diese Klauseln der Planbarkeit und Konfliktvermeidung im Mietverhältnis, indem sie einen verbindlichen Fahrplan für Erstgespräche oder Mediationsversuche festlegen, bevor Zeit und Geld für einen Gerichtsprozess aufgewendet wird.