Mediation
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Mediation im Gewerbemietrecht
Mediation ist ein außergerichtliches Konfliktlösungsverfahren, bei dem die Parteien mit Unterstützung eines neutralen Dritten eigenverantwortlich eine einvernehmliche Lösung erarbeiten. § 1 MediationsG definiert die Mediation als vertrauliches und strukturiertes Verfahren, in dem die Parteien freiwillig und eigenverantwortlich eine Konfliktbeilegung anstreben, unterstützt durch einen oder mehrere Mediator(en). Der Mediator selbst ist laut Gesetz unabhängig und neutral und besitzt keine Entscheidungsbefugnis – er fällt also kein Urteil, sondern leitet lediglich das Verfahren. Die Parteien behalten die Kontrolle über den Konflikt und das Ergebnis; sie können kreativ nach interessengerechten Lösungen suchen, anstatt sich auf streng rechtliche Positionen zu versteifen. Der Mediator schafft einen Rahmen für offene Kommunikation, fördert das Verständnis der hinter den Positionen stehenden Interessen und ermöglicht es den Parteien so, eigene Lösungsoptionen zu entwickeln. Dabei gibt der Mediator – je nach Mediationsstil – keine bindenden Entscheidungen vor, sondern allenfalls Anregungen; die Umsetzung obliegt vollständig der Zustimmung der Parteien. Das Ergebnis einer Mediation ist folglich immer eine einvernehmliche Vereinbarung. Weitere Prinzipien: Vertraulichkeit (der Inhalt der Verhandlungen bleibt privat) und Informalität/Flexibilität (das Verfahren kann von den Parteien flexibler und weniger formell gestaltet werden als ein Gerichtsprozess). Zudem bietet Mediation typischerweise Vorteile wie Zeit- und Kostenersparnis, Wahrung der Geschäftsbeziehung und kreative, maßgeschneiderte Lösungen, die im Gerichtsverfahren so nicht erreichbar wären. Gerade dieser kooperative, vertrauliche Ansatz unterscheidet die Mediation wesentlich von der konfrontativen gerichtlichen Streitentscheidung, wo der Richterspruch oft das Verhältnis der Parteien belastet oder beendet. Für das Gewerbemietrecht und die Wirtschaft insgesamt wäre eine Kultur des Einvernehmens sicherlich förderlich.
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- Konfliktpotenziale
- Streitfragen
- Verfahrensarten
- Rolle
- Schiedsverfahren
- Instrument
- Praxisbeispiele
- Vertragsbeziehungen
- Musterverträge
- Haftungsrechtliche
Historische Entwicklung und gesetzliche Grundlagen der Mediation in Deutschland
Obwohl konsensuale Streitbeilegungsmethoden in traditionellen Gesellschaften seit jeher bekannt sind, hat die moderne Mediation in Deutschland erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts allmählich an Bedeutung gewonnen. Ein zentraler Meilenstein war die Richtlinie 2008/52/EG (Mediationsrichtlinie) der EU vom 20. Mai 2008, welche die Mitgliedstaaten verpflichtete, bis Mai 2011 bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen – insbesondere für grenzüberschreitende Streitigkeiten – umzusetzen. Deutschland nutzte diese Gelegenheit, um eine umfassende nationale Regelung zu schaffen: Das Bundesjustizministerium legte Anfang 2011 einen Entwurf für ein Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vor. Ziel dieses Gesetzes war es, die Mediation und ähnliche Verfahren zu stärken – sogar über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinaus. Denn bis dahin waren weder die verschiedenen Formen der Mediation (außergerichtlich, gerichtsnah, gerichtsintegriert) gesetzlich geregelt, noch gab es verbindliche Vorgaben zur Ausbildung von Mediatoren.
Der Gesetzgebungsprozess führte schließlich zum Mediationsgesetz (MediationsG) vom 21. Juli 2012, das am 26. Juli 2012 in Kraft trat. Dieses Gesetz bildet heute den zentralen rechtlichen Rahmen für Mediationsverfahren in Deutschland. Es enthält in Artikel 1 das eigentliche MediationsG, das in wenigen Paragraphen die wichtigsten Begriffe, Grundsätze und Pflichten festlegt. So definiert § 1 MediationsG die Mediation und den Mediator (siehe oben), § 2 beschreibt den Ablauf und die Aufgaben des Mediators, § 3 regelt Offenlegungs- und Tätigkeitsbeschränkungen (d.h. der Mediator muss Umstände offenbaren, die seine Neutralität infrage stellen könnten, und darf bestimmte Tätigkeiten – z.B. in derselben Sache als Rechtsanwalt – nicht gleichzeitig ausüben), § 4 normiert die Verschwiegenheitspflicht des Mediators, § 5 enthält Grundsätze zu Aus- und Fortbildung (inkl. dem Begriff des zertifizierten Mediators), § 6 ermächtigt das Justizministerium zum Erlass von Ausbildungs-Verordnungen, § 7 eröffnet Möglichkeiten zur Förderung wissenschaftlicher Forschung und finanziellen Förderung der Mediation, § 8 verpflichtete die Bundesregierung zur Evaluierung des Gesetzes bis 2017, und § 9 enthielt Übergangsregelungen.
Parallel zu Artikel 1 MediationsG wurden mit dem Gesetzespaket auch zahlreiche Begleitänderungen in anderen Gesetzen vorgenommen. Dies betraf vor allem die Gerichtsverfahren: So wurde in der Zivilprozessordnung (ZPO) der § 278a ZPO neu eingefügt und § 278 Abs. 5 ZPO angepasst, um die gerichtliche Mediation zu regeln. Anstelle der zuvor in einigen Gerichten praktizierten „gerichtsinternen Mediation“ durch den zuständigen Richter selbst, etablierte der Gesetzgeber das Modell des Güterichters. Nunmehr kann das Gericht einen Rechtsstreit an einen Güterichter verweisen, der alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich Mediation einsetzen darf. Wichtig war dem Gesetzgeber, einerseits die Unparteilichkeit zu wahren – der Güterichter ist nicht der entscheidende Richter des Verfahrens, sondern ein anderer Richter, der ausschließlich für die gütliche Beilegung zuständig ist – und andererseits den Richtermediatoren eine Rechtsgrundlage zu geben. In der Anfangsphase (ein Jahr Übergangszeit) durfte dieser Güterichter sogar noch als „gerichtlicher Mediator“ bezeichnet werden, obwohl er faktisch nicht mehr in richterlicher Entscheidungsfunktion tätig war. Mit dem Güterichtermodell reagierte der Gesetzgeber auch auf die Forderungen der Bundesländer, die die bereits etablierten gerichtsnahen Mediationsangebote nicht verlieren wollten.
Durch Änderungen u.a. im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), den Verfahrensordnungen der Fachgerichtsbarkeiten (FamFG, ArbGG, VwGO, SGG) sowie im Gerichtskostengesetz (GKG) und der Kostenordnung wurde die Mediation weiter verfahrensrechtlich eingebettet. Beispielsweise wurde geregelt, dass Gerichte Parteien an einen Güterichter verweisen können (§ 278 Abs. 5 ZPO) und dass im Gerichtsprozess keine der Parteien gegen ihren Willen zu einer externen Mediation gezwungen werden kann – eine Verweisung an den Güterichter setzt die Zustimmung beider Seiten voraus. Kostenrechtlich schufen einige Bundesländer Ermäßigungstatbestände, etwa eine Reduktion der Gerichtsgebühren, wenn ein Verfahren durch Mediation oder Vergleich frühzeitig erledigt wird (sog. Länderöffnungsklauseln im GKG).
In der juristischen Diskussion wurde der neue Rechtsrahmen durchaus kontrovers aufgenommen. Kritik kam insbesondere aus Kreisen der freiberuflichen Mediatoren und Anwaltschaft: Man sah die gerichtsinternen Mediationsangebote als Konkurrenzverzerrung, da diese für die Parteien kostenfrei sind und vom Staat getragen werden, während freie Mediatoren ihre Dienste honorarbasiert anbieten müssen. Dennoch wurde das Gesetz politisch als wichtiger Schritt begrüßt, um konsensuale Verfahren zu stärken. Im Ergebnis hat sich die Mediation in Deutschland seit 2012 fest etabliert – nicht zuletzt auch dank der gerichtlichen Güterichterverfahren, die vielerorts erfolgreich eingeführt wurden. Die Etablierung eines rechtlichen Rahmens erhöhte die Bekanntheit und Akzeptanz der Mediation in der Rechtskultur merklich.
Besonderheiten und strukturelle Konfliktpotenziale im gewerblichen Mietrecht
Gewerberaummietverhältnisse unterscheiden sich in mancher Hinsicht von einfachen Wohnungsmieten und weisen spezifische Konfliktpotentiale auf, die sie für Mediation prädestinieren. Gewerbemietverträge sind häufig langfristig angelegt (nicht selten Laufzeiten von 5, 10 oder mehr Jahren mit Verlängerungsoptionen). Vermieter und Mieter eines Geschäftsraums gehen damit eine dauerhafte Geschäftsbeziehung ein, in der beide Seiten an Planungssicherheit und einer funktionierenden Kooperation interessiert sind. Gleichzeitig sind Gewerbemieten weit weniger gesetzlich reguliert und geschützt als Wohnraummieten – d.h. die Vertragsfreiheit ist größer. Viele Rechte und Pflichten werden im Vertrag individuell ausgehandelt. Diese Flexibilität führt zwar zu maßgeschneiderten Lösungen, birgt aber auch das Risiko unklarer Vertragsklauseln oder unterschiedlicher Erwartungen, was im Verlauf der langen Vertragsdauer zu Reibungen führen kann.
Typische strukturelle Konfliktfelder im Gewerbemietrecht sind etwa:
Instandhaltung und Renovierung: Gewerbemietverträge regeln oft detailliert, wer für Renovierungen, Reparaturen und Instandhaltung zuständig ist. Dennoch kommt es häufig zum Streit darüber, ob eine bestimmte Maßnahme vom Vermieter oder vom Mieter zu tragen ist. Der Vermieter möchte den Wert der Immobilie erhalten, der Mieter aber ungern Kosten übernehmen, die nicht klar vertraglich ihm zugewiesen sind. Solche Unklarheiten oder Meinungsverschiedenheiten über den Zustand der Mietsache und die Pflichten zur Instandsetzung gehören zu den häufigsten Konflikten. Ist z.B. im Vertrag nur allgemein von „Schönheitsreparaturen“ die Rede, kann strittig sein, ob und in welchem Umfang der Mieter etwa Renovierungsarbeiten durchführen muss – hier prallen oft gegensätzliche Interpretationen aufeinander.
Mängel der Mietsache und Mietminderung: Im Gewerbebereich können technische oder rechtliche Mängel (z.B. Brandschutzmängel, Feuchtigkeitsschäden, unzureichende Baugenehmigung, Lärmstörungen durch Baustellen etc.) die Nutzung des Objekts einschränken. Der Mieter greift dann häufig zum Mittel der Mietminderung oder Zurückbehaltung der Miete, solange der Mangel nicht behoben ist. Der Vermieter ist hingegen um die volle Mietzahlung bemüht und versucht, den Mangel zu beheben oder dessen Relevanz herunterzuspielen. Es entstehen Konflikte über die Angemessenheit und Dauer der Mietminderung – insbesondere wenn der Mieter aus Sicht des Vermieters überreagiert und z.B. 100% der Miete einbehält (was einer vollständigen Gebrauchsentziehung gleichkommt). Solche Situationen können rasch eskalieren, bis hin zu Räumungsklagen oder Streit über fristlose Kündigungen wegen Zahlungsverzug.
Betriebs- und Nebenkosten: Ein Dauerbrenner im Gewerbemietrecht sind Streitigkeiten über Nebenkostenabrechnungen. Anders als im Wohnraum-Mietrecht gibt es im Gewerblichen zwar mehr Freiheit, umlagefähige Kosten im Vertrag zu vereinbaren, doch selbst bei detaillierten Klauseln stellen Mieter die Abrechnungen oft infrage. Typische Streitfragen sind: Welche Betriebskosten sind umlagefähig und wurden vereinbarungsgemäß angesetzt? Wurden die Positionen korrekt und angemessen berechnet? Stimmen die Umlageschlüssel (Verteilungsmaßstäbe)? Gerade bei größeren Objekten (Einkaufszentren, Bürohäusern) können jährliche Nebenkostenabrechnungen erhebliche Beträge ausmachen. Mieter monieren dann z.B. zu hohe Verwaltungskosten, zweifeln bestimmte Ausgaben an oder beanstanden fehlende Belege; Vermieter hingegen pochen auf Vertragstreue und die Richtigkeit ihrer Abrechnung. Solche Auseinandersetzungen treten oft jährlich wiederkehrend auf und können das Vertrauensverhältnis belasten.
Mietanpassungen und Wertsicherung: In gewerblichen Mietverträgen ist es üblich, Regelungen zur Mietzinsänderung während der Laufzeit zu vereinbaren, etwa Indexklauseln (Koppelung der Miete an den Verbraucherpreisindex) oder Staffelmieten. Trotzdem entstehen Konflikte über die Höhe zulässiger Mietanpassungen – etwa wenn eine Indexmiete sprunghaft ansteigt oder die Wirksamkeit einer Klausel unklar ist. Ist keine vertragliche Regelung vorhanden, können Vermieter bei langfristigen Verträgen auf § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) abstellen, um eine Anpassung an veränderte Umstände (z.B. massive Marktänderungen) zu verlangen, was wiederum vom Mieter bestritten werden mag. Ebenso kann Streit entstehen, ob bestimmte Modernisierungsmaßnahmen des Vermieters eine Mieterhöhung rechtfertigen und in welcher Höhe. Insgesamt bietet das Thema Mietpreis und dessen Veränderung ein hohes Konfliktpotential, da die wirtschaftlichen Interessen diametral entgegengesetzt sind.
Kündigung und Vertragsbeendigung: Trotz fester Laufzeiten stellt sich im Laufe eines Gewerbemietverhältnisses manchmal die Frage nach einer vorzeitigen Beendigung. Eine Partei – häufig der Vermieter bei Nichtzahlung der Miete oder der Mieter bei schweren Mängeln – mag zur außerordentlichen fristlosen Kündigung greifen. Ob die rechtlichen Voraussetzungen (z.B. erheblicher Zahlungsverzug oder unzumutbarer Mangel) tatsächlich vorliegen, wird dann heftig disputiert. Auch ordentliche Kündigungen bei unbefristeten oder verlängerbaren Verträgen können Konflikte auslösen, etwa ob Form und Frist eingehalten wurden. Weiteres Konfliktfeld: Rückgabe der Mietsache am Vertragsende – z.B. Differenzen über Renovierungszustand, Schadensersatz für Abnutzung oder die Frage, wann und in welcher Höhe die Kaution zurückzuzahlen ist und welche Verrechnung zulässig ist. All diese Fragen führen nicht selten zu gerichtlichen Streitigkeiten (Räumungsklagen, Schadensersatzprozessen), da für beide Seiten viel auf dem Spiel steht (Nutzungsausfall vs. Fortbestand des Geschäfts).
Vertragsauslegung und Leistungsstörungen: Gewerbemietverträge sind oft umfangreich und komplex. Dennoch lassen sich nie alle Eventualitäten abdecken. Es kommt daher zu Streit über die Auslegung unklarer Klauseln oder über Lücken im Vertrag. Beispiele: Welche Nutzungen sind genau erlaubt (etwa Konkurrenzschutzklauseln in Einkaufszentren – darf der Vermieter einem Konkurrenzunternehmen einen Laden vermieten?), wie sind Öffnungszeitenregelungen zu verstehen, wer trägt das Risiko behördlicher Auflagen, etc. Auch nachträgliche Störungen wie die COVID-19-Pandemie führten zu Konflikten, ob Mietanpassungen gerechtfertigt sind (Stichwort Störung der Geschäftsgrundlage). Solche Konflikte sind juristisch oft komplex und lassen sich in harten Positionen vor Gericht austragen – oder aber durch Kommunikation der wechselseitigen Interessen in einer Mediation möglicherweise flexibler lösen.
All diese Konfliktfelder eint, dass sie das Mietverhältnis erheblich belasten können und im gerichtlichen Streit oft langwierig und teuer sind. Gerade im Gewerbemietrecht können Prozesse durch mehrere Instanzen Jahre dauern, während derer die Vertragsbeziehung vergiftet oder ausgesetzt ist. Zudem besteht die Gefahr, dass am Ende eines Gerichtsverfahrens zwar ein Urteil vorliegt, aber die Geschäftsbeziehung irreparabel zerstört ist. Die Besonderheiten des Gewerbemietrechts – langfristige, wirtschaftlich bedeutende Verträge mit großer Vertragsfreiheit und hohem Individualisierungsgrad – machen deshalb konziliative Verfahren wie die Mediation besonders attraktiv, um präventiv oder frühzeitig Streit zu entschärfen.
Eignung der Mediation zur Konfliktlösung typischer Streitfragen
Angesichts der genannten Konfliktpotenziale stellt sich die Frage: Wie geeignet ist die Mediation, um solche Streitigkeiten im Gewerbemietrecht beizulegen? Die Erfahrung zeigt, dass Mediation hier sehr wirkungsvoll sein kann, weil sie genau auf die Bedürfnisse langfristiger und komplexer Vertragsbeziehungen zugeschnitten ist.
Im Folgenden wird erläutert, wie eine Mediation bei den typischen Streitfeldern helfen kann:
Betriebskostenabrechnungen: Wiederkehrende Streitigkeiten über Nebenkosten lassen sich durch Mediation oft konstruktiv lösen. Statt jedes Jahr erneut Position für Position vor Gericht anzufechten, können Vermieter und Mieter in der Mediation ihre Interessen hinter den Zahlen offenlegen – z.B. das Bedürfnis des Mieters nach Kostentransparenz und Wirtschaftlichkeit vs. das berechtigte Interesse des Vermieters, alle umlagefähigen Kosten zu decken. Ein Mediator kann helfen, Missverständnisse auszuräumen (etwa indem gemeinsam ein Sachverständiger zur Durchsicht der Abrechnung hinzugezogen wird) und Vertrauensverlust abzubauen. Nicht selten führt dies zu kreativen Lösungen: So könnte man eine konkrete Vereinbarung über das Prozedere zukünftiger Abrechnungen treffen (z.B. Einführung eines festen Reportings oder einer Deckelung bestimmter Kosten), sodass die alljährlichen Konflikte gar nicht mehr entstehen. Die Mediation erlaubt flexible Absprachen jenseits des starren Vertragswortlauts – etwa ein Kompromiss, bei dem der Vermieter freiwillig auf bestimmte strittige Nebenkosten verzichtet, dafür aber Planungssicherheit für andere Posten erhält. Ein Gerichtsurteil hingegen könnte nur vergangene Abrechnungen prüfen, aber keine proaktive Neugestaltung für die Zukunft erreichen.
Mietanpassungen (Mieterhöhungen): Konflikte über die Miethöhe sind im Gewerbemietrecht besonders heikel, da beide Seiten von der Wirtschaftlichkeit der Vereinbarung abhängen. In einer Mediation können Vermieter und Mieter offen über die wirtschaftliche Situation sprechen – z.B. der Vermieter über gestiegene Unterhaltskosten oder Marktüblichkeit der Miete, der Mieter über Umsatzrückgänge oder Kostendruck. Anders als vor Gericht, wo es primär um die Vertragsauslegung oder gesetzliche Vorgaben (Index, Staffeln etc.) geht, eröffnet die Mediation die Möglichkeit, kreative Finanzlösungen zu finden: beispielsweise eine temporäre Mietreduzierung oder Stundung in schwierigen Zeiten, gekoppelt mit einer Verlängerung der Vertragslaufzeit (win-win, da der Mieter Liquidität gewinnt und der Vermieter langfristige Bindung) – Lösungen, die vor Gericht so nicht erzwingbar wären. Ein Streit über Modernisierung und daraus abgeleitete Mieterhöhung kann durch Vermittlung dahin geführt werden, dass sich beide Seiten auf einen Kostenteilungsmechanismus einigen oder der Vermieter dem Mieter anderweitige Vorteile gewährt (etwa Einrichtung eines gemeinsamen Marketingfonds im Einkaufszentrum), um die Erhöhung akzeptabler zu machen. Mediation erlaubt es, Interessen (Erhalt der Mietsache, Wirtschaftlichkeit des Geschäfts) vor rechtliche Positionen (Vertragstext, starre Indexformel) zu stellen und damit faire Anpassungen auszuhandeln.
Kündigungs- und Räumungskonflikte: Gerät ein Gewerbemietverhältnis in Schieflage – etwa durch Zahlungsrückstände oder andauernde Mängel – stehen oft harte Bandagen im Raum: Kündigung, Räumungsklage, Schadensersatz. In einer Mediation lässt sich jedoch häufig noch eine einvernehmliche Lösung finden, welche die Nachteile eines erzwungenen Abbruchs vermeidet. Beispiel: Bei Mietrückstand könnte ein Ratenzahlungsplan oder Teilerlass in Kombination mit einer Vertragsfortsetzung ausgehandelt werden, statt die fristlose Kündigung durchzuziehen. Oder wenn der Mieter eigentlich aus dem Vertrag will (weil das Geschäft nicht läuft), kann in der Mediation eine Aufhebungsvereinbarung getroffen werden, bei der vielleicht ein Nachmieter präsentiert oder eine Abstandszahlung vereinbart wird – so dass beide Seiten geordnet auseinandergehen ohne Prozess. Ist schon eine Kündigung ausgesprochen, kann die Mediation helfen, den Streit um deren Wirksamkeit in eine konstruktive Verhandlung umzuwandeln: Vielleicht zieht der Vermieter die Kündigung zurück, wenn der Mieter bestimmte Sicherheiten bietet oder Vertragsänderungen zustimmt. Oder es wird zumindest eine Lösung über den Auszugstermin und eventuelle Entschädigungen gefunden, die besser ist als die Unsicherheit eines Gerichtsverfahrens. Gerade bei laufenden Verträgen verhindert die mediatieve Einigung, dass Räume plötzlich leer stehen oder eine Partei überstürzt handeln muss. Gesichtsverlust und Geschäftsschäden werden minimiert, während ein Gerichtsprozess das Risiko birgt, dass am Ende zwar eine Entscheidung vorliegt, aber die Parteien nicht mehr miteinander reden können.
Mängel und Gewährleistung: Bei technischen Mängeln (etwa ein defektes Belüftungssystem, Schimmelbildung, behördliche Nutzungsuntersagung wegen Brandschutz) verhärten sich oft die Fronten – der Mieter sieht sein Geschäft bedroht und will Miete mindern; der Vermieter befürchtet Einnahmeausfall und will keine Schuld eingestehen. In der Mediation können beide Seiten mit Unterstützung des Mediators die gemeinsame Sachlage prüfen: Beispielsweise lässt sich vereinbaren, dass Sachverständige eingeschaltet werden, um den Mangel und die Verantwortlichkeit objektiv zu klären. Diese kooperative Tatsachenfeststellung in der Mediation unterscheidet sich vom Gutachterstreit im Prozess dadurch, dass die Parteien die Expertise gemeinsam einholen und anerkennen. Auf dieser Grundlage kann man dann verhandeln: etwa dass der Vermieter die Mängel zügig beseitigt und der Mieter im Gegenzug nur einen moderaten Teil der Miete einbehält oder aufgelaufene Rückstände teilweise nachzahlt. Auch Folgeprobleme (wie die behördliche Nutzungsuntersagung in einem bekannten Praxisfall) können parallel angegangen werden, indem Vermieter und Mieter kooperieren, um Behördenauflagen zu erfüllen. So wird aus dem Konfrontationskurs ein Problemlösungs-Teamwork. Das Ergebnis kann z.B. sein, dass die Miete für die Zeit der Beeinträchtigung reduziert oder ausgesetzt wird, aber zugleich ein verbindlicher Plan zur Mangelbeseitigung und Nachzahlung erstellt wird – am Ende steht bestenfalls eine vollständige Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands und die Normalisierung der Mietzahlungen, ohne dass der Mietvertrag gekündigt werden musste. Ein Gericht hätte hier womöglich nur die Berechtigung der Mietminderung festgestellt oder den Vertrag aufgelöst, nicht aber aktiv zur Problemlösung beigetragen.
Vertragsauslegung und Anpassung: Unklare Vertragsklauseln oder unvorhergesehene Umstände (wie die Pandemieschließungen) führen oft zu Rechtsstreit, weil jede Partei ihre – oft legitime – Interpretation durchsetzen will. In der Mediation besteht die Chance, den Vertrag einvernehmlich anzupassen oder zu präzisieren, anstatt auf einer einzigen Auslegung zu beharren. Parteien können etwa eine Vertragsklausel nachträglich konkretisieren (z.B. detaillierte Regeln zur Nutzung gemeinsamer Flächen oder zur Hausordnung definieren, nachdem es darüber Streit gab) – dies schafft Klarheit für die Zukunft und beendet den aktuellen Konflikt ohne Gewinner/Verlierer. Auch bei völlig neuen Herausforderungen können Lösungen gefunden werden, die im Vertrag ursprünglich nicht vorgesehen waren: etwa temporäre Nutzungsänderungen, Umsatzmietmodelle in Krisenzeiten, Verlängerung der Mietzeit als Ausgleich für Mietminderungen etc. Die Flexibilität der Mediation erlaubt es, rechtliche Schranken zu überwinden: Gerichte müssen sich an den bestehenden Vertrag und dispositives Recht halten; Medianten hingegen können den „starren“ Vertrag einvernehmlich umbauen. Das führt zu nachhaltigen Lösungen, die maßgeschneidert sind – beispielsweise die Aufnahme einer Mediationklausel oder einer Schlichtungsabrede in den Vertrag für zukünftige Konflikte.
Insgesamt erweist sich die Mediation als sehr geeignetes Instrument, um im Gewerbemietrecht die typischen Konfliktthemen zu bewältigen. Sie ermöglicht schnelle, praxisorientierte und beziehungsfreundliche Lösungen, wo Gerichtsverfahren oft in teuren und langfristigen Auseinandersetzungen münden. Wichtig ist jedoch, dass beide Parteien den Willen zur Einigung mitbringen – Mediation kann nur funktionieren, wenn zumindest die Bereitschaft besteht, gemeinsam am Tisch zu sitzen und Interessen auszutauschen. Ist diese Bereitschaft vorhanden, können durch Mediation sogar festgefahrene Streitfälle gelöst werden, wie ein Beispiel eindrucksvoll zeigt: In einer Mediation, die zunächst hoffnungslos erschien („keiner der Beteiligten glaubte an eine Lösung“), gelang es dennoch, ein nachhaltiges Ergebnis zu erzielen, sämtliche Problemfelder zu klären und das Mietverhältnis fortzusetzen – ein voller Erfolg, der durch ein streitiges Gerichtsverfahren so nicht erreichbar gewesen wäre.
Verfahrensarten der Mediation: evaluative, transformative, facilitative
Mediation ist nicht gleich Mediation – in der Praxis haben sich verschiedene Mediationsstile oder Verfahrensansätze entwickelt, die teils erheblich voneinander abweichen.
Insbesondere werden häufig drei Grundmodelle unterschieden:
Facilitative Mediation (allparteiliche bzw. „begleitende“ Mediation): Dies ist die ursprünglich klassische Mediationsform, bei der der Mediator vor allem den Prozess moderiert und die Kommunikation erleichtert. Der facilitative Mediator macht keine inhaltlichen Lösungsvorschläge, bewertet nicht die Rechtspositionen, sondern konzentriert sich darauf, durch Fragen und Strukturierung den Parteien zu helfen, ihre jeweiligen Interessen und Bedürfnisse herauszuarbeiten. Im Vordergrund steht der Dialog und das gegenseitige Verständnis; man geht davon aus, dass die Konfliktparteien – sobald ihre eigentlichen Interessen offengelegt sind – selbst am besten wissen, welche Lösung für beide passt. Dieser Ansatz betont die Selbstverantwortung der Parteien und eignet sich besonders bei Konflikten, in denen die Beziehung und Kommunikation verbessert werden sollen und wo keine rein juristische Bewertung im Vordergrund steht. Im Gewerbemietrecht wird ein facilitativer Mediator zum Beispiel vor allem darauf hinwirken, dass Vermieter und Mieter die jeweiligen geschäftlichen Interessen des anderen verstehen (etwa Warum ist dem Vermieter eine bestimmte Klausel so wichtig? Warum ist der Mieter mit einer bestimmten Regel unzufrieden?) – um dann die Parteien aus diesem Verständnis heraus selbst Lösungen entwickeln zu lassen.
Evaluative Mediation (bewertende bzw. „begutachtende“ Mediation): Bei der evaluativen Mediation nimmt der Mediator eine aktivere, beinahe schiedsrichterähnliche Rolle ein. Diese Form ähnelt in gewisser Weise einem gerichtlichen Verfahren oder Vergleichsgespräch, da der Mediator hier die Argumente der Parteien prüft, auf Stärken und Schwächen hinweist und auch Empfehlungen für eine Einigung abgeben darf. Der evaluative Mediator orientiert sich stark an der Rechtslage und objektiven Kriterien – gewissermaßen simuliert er eine richterliche Einschätzung, jedoch ohne am Ende selbst zu entscheiden. Die Lösungsfindung bleibt bei den Parteien, aber der Mediator steuert deutlicher: er kann z.B. sagen „Aus meiner Erfahrung würde ein Gericht diesen Punkt eher so sehen… vielleicht sollten Sie hier nachgeben, aber an anderer Stelle einen Ausgleich suchen.“ Dieser Stil wird häufig bei Konflikten gewählt, die ausgeprägt juristische Fragen beinhalten oder wo die Parteien einen Reality-Check wünschen (etwa in komplexen wirtschaftsrechtlichen Streitigkeiten). Im Gewerbemietrecht könnte ein evaluativer Mediator beispielsweise rechtliche Bewertungen zu Mietminderungsansprüchen oder Vertragsklauseln einfließen lassen und den Parteien damit signalisieren, wie ihre Chancen vor Gericht stünden. Das kann den Einigungswillen fördern, insbesondere wenn beide Seiten uneins über die Rechtslage sind. Wichtig ist jedoch, dass trotz dieser Bewertung die endgültige Entscheidung bei den Parteien bleibt – der Mediator „erleichtert“ nur den Kompromiss, ähnlich einem Güterichter, der einen gerichtlichen Vergleich vorschlägt.
Transformative Mediation (transformationelle Mediation): Dieser Ansatz setzt den Schwerpunkt weniger auf die konkrete Sachlösung, sondern auf eine Veränderung der Beziehung und Kommunikationskultur der Parteien. Die transformative Mediation betrachtet Konflikte vor allem als Beziehungskonflikte; Ziel ist es, die Parteien so zu befähigen (Empowerment) und ihre Perspektiven wechselseitig zu verständigen (Recognition), dass sie künftig besser miteinander umgehen können. Der Mediator unterstützt die Parteien dabei, durch den Konfliktprozess persönlich zu wachsen und ihre Interaktion zum Positiven zu transformieren. Dabei steht nicht unbedingt die sofortige sachliche Einigung im Vordergrund, sondern z.B. die Wiederherstellung von Vertrauen, Respekt und Kooperationsfähigkeit. Transformative Mediation ist oft angezeigt, wenn die Beziehungsebene stark gestört ist – zum Beispiel bei schweren Zerwürfnissen, die lange Vorgeschichte haben, oder bei Konflikten in kleinen Familienunternehmen. In einem gewerblichen Mietkonflikt könnte ein transformativ orientierter Mediator etwa darauf hinwirken, dass Vermieter und Mieter zunächst die gegenseitigen Sichtweisen und Emotionen verstehen – z.B. erkennt der Vermieter an, dass der Mieter sich in seiner Existenz bedroht fühlt, und der Mieter erkennt, dass der Vermieter sich unfair behandelt fühlt. Durch diesen Prozess der Versöhnung und Neubewertung können sich Einstellungen ändern, was dann den Weg für eine einvernehmliche Lösung ebnet. Das Ergebnis einer transformativen Mediation mag weniger greifbar sein als ein konkreter Vergleich – es äußert sich in einer verbesserten Beziehung, die künftige Konflikte verhindert oder leichter lösbar macht. Bei langfristigen Mietverhältnissen kann dies enorm wertvoll sein, da ein zerrüttetes Verhältnis selbst bei Vertragsfortsetzung Gift für die Zusammenarbeit wäre.
Neben diesen drei Haupttypen gibt es weitere Modelle und Mischformen (z.B. narrative Mediation, Klärungshilfe, integrierte Mediation etc.). In der Praxis folgt kaum ein Mediationsverfahren starr nur einem Stil; viele erfahrene Mediatoren nutzen je nach Konfliktphase und Bedarf Elemente aus verschiedenen Ansätzen. Beispielsweise kann ein Mediator zunächst facilitative vorgehen, um Vertrauen aufzubauen, und später in der Lösungsphase vorsichtig evaluative Hinweise geben. Entscheidend ist, dass die gewählte Verfahrensart zum Konflikt passt: In hoch emotionalen Dauerstreitigkeiten hilft oft ein transformativ-verständigungsorientierter Einstieg, während bei klar umrissenen Vertragsstreitpunkten evaluative Elemente die Effizienz erhöhen können. Für das Gewerbemietrecht, wo sowohl Sachfragen (rechtliche Ansprüche, Zahlungsforderungen) als auch Beziehungsfragen (langfristige Zusammenarbeit, Vertrauen) eine Rolle spielen, bietet sich häufig ein integrierter Ansatz an – der Mediator muss juristische und wirtschaftliche Fragen verstehen (ggf. auch bewerten helfen) und zugleich die Beziehung im Blick behalten.
Rolle der Mediatoren: Neutralität, Verschwiegenheitspflichten, Qualifikation
Der Mediator nimmt im Mediationsverfahren eine zentrale, aber doch dienende Rolle ein. Seine Hauptaufgabe ist es, den Parteien als allparteilicher Dritter durch das Verfahren zu helfen, ohne eigene Interessen zu verfolgen oder Entscheidungen aufzuzwingen.
Daraus ergeben sich mehrere rechtliche und ethische Pflichten:
Neutralität und Unabhängigkeit: Ein Mediator muss absolut unparteiisch sein. § 1 Abs. 2 MediationsG schreibt vor, dass der Mediator unabhängig und neutral sein soll. Offenbarungspflichten (§ 3 MediationsG) flankieren dieses Gebot: Der Mediator hat mögliche Umstände, die seine Neutralität beeinträchtigen könnten (etwa persönliche oder geschäftliche Beziehungen zu einer Partei, eigene finanzielle Interessen am Ausgang etc.), den Parteien vor Beginn der Mediation offenzulegen. Nur wenn die Parteien ausdrücklich trotz Kenntnis dieser Umstände am Mediator festhalten, kann die Mediation fortgesetzt werden; andernfalls muss der Mediator das Mandat ablehnen oder abbrechen. § 3 MediationsG enthält auch Tätigkeitsbeschränkungen: So darf der Mediator beispielsweise nicht gleichzeitig in derselben Angelegenheit für eine Partei als Rechtsanwalt, Berater o.ä. tätig sein, da dies seine Neutralität kompromittieren würde. Ebenso soll er nach Abschluss der Mediation nicht unmittelbar in derselben Sache für eine Partei gerichtlich tätig werden – eine faktische Abkühlphase, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Neutralität bedeutet auch, dass der Mediator keine Partei bevorzugt und beide Seiten gleichbehandelt: Er gewährleistet symmetrische Kommunikation (beide dürfen sich aussprechen, keiner wird unterbrochen bevorzugt) und entzieht sich strikt dem Drang, einer Seite recht zu geben. Sollte der Mediator bemerken, dass er nicht mehr neutral agieren kann, so ist er gehalten, das Verfahren zu beenden.
Verschwiegenheitspflicht: Ein zentrales Prinzip der Mediation ist die Vertraulichkeit. Damit die Parteien offen und ohne Furcht vor späterer Nachteilsverwendung sprechen können, müssen alle Verfahrensbeteiligten zur Geheimhaltung verpflichtet sein. § 4 MediationsG statuiert eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht des Mediators (und aller in die Mediation eingebundenen Personen) bezüglich aller Informationen, die ihnen während der Mediation bekannt werden. Grundsätzlich darf der Mediator also nichts, was im Mediationsgespräch offenbart oder diskutiert wurde, nach außen tragen. Diese Pflicht gilt unabhängig von vertraglichen Vereinbarungen und soll sicherstellen, dass die Mediation kein „Beweisausforschungsinstrument“ für spätere Gerichtsverfahren wird. Das Gesetz sieht nur enge Ausnahmen vor, etwa wenn die Offenbarung des Mediations-Ergebnisses zur Vollstreckung der Vereinbarung erforderlich ist, wenn zwingende Gründe der öffentlichen Ordnung es gebieten (z.B. Gefahr für Leib und Leben, Kindeswohl – § 4 Nr. 2 MediationsG) oder wenn es um offenkundige Tatsachen geht. Abgesehen davon muss der Mediator absolutes Stillschweigen bewahren. Selbst vor Gericht genießt er zwar kein formal geregeltes Zeugnisverweigerungsrecht, doch wird in der Praxis die Verschwiegenheit regelmäßig durch entsprechende Vertragsklauseln und die §§ 383 ff. ZPO abgesichert. Zusätzlich verpflichtet § 4 S. 2 MediationsG den Mediator, die Parteien über Umfang und Grenzen seiner Verschwiegenheitspflicht zu informieren – damit alle wissen, was innerhalb der „Vier Wände“ der Mediation bleibt. Diese Vertraulichkeitspflicht erstreckt sich übrigens auch auf die Parteien selbst und ihre anwaltlichen Vertreter durch entsprechende Vereinbarungen im Mediationsvertrag: Meist wird zu Beginn einer Mediation eine Verschwiegenheitsvereinbarung von allen unterschrieben.
Allparteilichkeit und Verfahrensteuerung: Der Mediator ist oft mit dem Begriff der Allparteilichkeit umschrieben – er steht auf der Seite beider Parteien und vor allem auf der Seite der Lösung. Seine Rolle ist die eines prozessualen Navigators: Er sorgt für einen fairen, strukturierten Ablauf (§ 2 Abs. 2 MediationsG spricht von der Pflicht des Mediators, eine angemessene Kommunikation zu ermöglichen). Er achtet darauf, dass Machtungleichgewichte ausgeglichen werden (z.B. beide Seiten gleich viel Redezeit haben, komplexe Sachverhalte verständlich gemacht werden usw.). Er fördert den Informationsaustausch, leitet Phasen der Mediation (Themensammlung, Interessenklärung, Kreativphase, Verhandlungsphase etc.) und achtet auf die Einhaltung der Mediationsregeln (z.B. respektvoller Umgang, Ausredenlassen). Doch inhaltlich enthält er sich wertender Stellungnahmen – es sei denn, es handelt sich um eine evaluative Mediationsvariante, in der er gebeten wird, seine Einschätzung einzubringen (dann aber auch ausgewogen für beide Seiten). Wichtig ist: Der Mediator entscheidet nicht, sondern führt die Parteien nur zu deren eigener Entscheidung. Er ist damit eher Verfahrensmanager und Kommunikationshelfer als Problemlöser im Alleingang. Das verlangt ein hohes Maß an soziale Kompetenz, Aktives Zuhören, Empathie, aber auch Autorität, um den Prozess zu lenken.
Qualifikation der Mediatoren: Da der Mediator eine verantwortungsvolle Rolle innehat, legt das Mediationsgesetz Wert auf eine angemessene Ausbildung. Allerdings ist „Mediator“ in Deutschland – anders als z.B. Rechtsanwalt oder Notar – kein geschützter Berufstitel; grundsätzlich kann jeder, der über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt, als Mediator tätig sein. Um jedoch Qualitätsstandards zu fördern, bestimmt § 5 MediationsG, dass Mediatoren sich fortbilden sollen und definiert den Begriff des „zertifizierten Mediators“. Ein zertifizierter Mediator ist jemand, der eine Ausbildung nach bestimmten Mindestanforderungen absolviert hat. Die genauen Kriterien dafür hat das Bundesjustizministerium per Verordnung festgelegt (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung, ZMediatAusbV). Diese Verordnung von 2016 schreibt vor, dass die Ausbildung zum Mediator mindestens 120 Präsenzstunden umfassen muss, verteilt auf festgelegte Ausbildungsinhalte. Zudem muss der angehende Mediator im Rahmen der Ausbildung mindestens eine Mediation unter Supervision durchführen und innerhalb von zwei Jahren nach Ausbildungsende weitere supervidierte Praxiserfahrungen sammeln. Um den Status zu behalten, ist eine regelmäßige Fortbildung von mindestens 40 Stunden alle 4 Jahre vorgeschrieben. Mit diesen Vorgaben will man sicherstellen, dass zertifizierte Mediatoren über fundierte Kenntnisse in Mediationsmethodik, Kommunikationstechniken, Psychologie des Konflikts sowie den rechtlichen Rahmen verfügen. Neben der formalen Qualifikation ist freilich auch Erfahrung ein wichtiger Faktor – viele Mediatoren kommen aus Berufsfeldern wie Rechtsanwälte, Psychologen, Wirtschafts- oder Ingenieurwesen und bringen ihr Fachwissen in die Mediation ein. Wichtig zu betonen: Die Mediationsausbildung ist interdisziplinär ausgerichtet; insbesondere müssen auch Kenntnisse über das Rechtswesen vermittelt werden, damit der Mediator den rechtlichen Kontext der Konflikte versteht (ohne selbst rechtlich zu beraten). Ein spezialisierter Gewerbemediator z.B. sollte mit dem Mietrecht vertraut sein, um die Streitpunkte einordnen zu können, darf aber gleichzeitig nicht als parteiischer Rechtsberater auftreten.
Verschwiegenheit und Haftung: Die genannten Pflichten (Neutralität, Verschwiegenheit etc.) sind nicht nur ethischer Natur, sondern können auch haftungsrechtliche Konsequenzen haben, wenn der Mediator sie verletzt. Schließt der Mediator mit den Parteien einen Mediationsvertrag (üblich), so haftet er bei Pflichtverletzungen aus diesem Vertrag auf Schadenersatz (§ 280 Abs. 1 BGB). Vertragliche Hauptpflicht des Mediators ist es, den Prozess ordnungsgemäß zu führen und die Parteien in die Lage zu versetzen, informierte Entscheidungen zu treffen. Verletzungen dieser Pflichten – etwa parteiisches Verhalten, grobe Missleitung oder das Unterdrücken wesentlicher Informationen – können zu Schadensersatzansprüchen führen. Ebenso gilt die Verschwiegenheit als vertragliche Nebenpflicht; würde ein Mediator vertrauliche Details ausplaudern, könnte er von der benachteiligten Partei haftbar gemacht werden. Bisher sind Haftungsfälle in der Mediation rar, aber gerade für Anwaltsmediatoren hat die Rechtsprechung klare Maßstäbe gesetzt: Der BGH entschied 2017, dass ein Rechtsanwalt, der als Mediator tätig ist, ähnliche Aufklärungspflichten trifft wie in einer Anwaltsberatung – selbst wenn die Parteien im Mediationsverfahren schon anwaltlich beraten sind. Das bedeutet z.B., dass ein Anwaltsmediator wichtige rechtliche Folgen (etwa den Verzicht auf bestimmte Ansprüche) nicht einfach unkommentiert lassen darf, sondern die Parteien darauf hinweisen muss, um keine „in Unkenntnis“ geschlossene Vereinbarung zu riskieren. Diese strenge Rechtsprechung zeigt: Der Mediator bewegt sich zwar außerhalb des klassischen Gerichtsverfahrens, aber er unterliegt trotzdem rechtlichen Verantwortlichkeiten. Umso wichtiger sind eine gute Ausbildung, Sorgfalt und gegebenenfalls eine Haftpflichtversicherung für Mediatoren.
Zusammenfassend gewährleistet der rechtliche Rahmen, dass Mediatoren neutral, qualifiziert und verantwortungsvoll agieren. Neutralität und Verschwiegenheit schaffen das Vertrauen, das für offene Gespräche nötig ist, und die Qualifikation stellt sicher, dass der Mediator den Prozess kompetent leiten kann. Für die Parteien bedeutet dies, sich in der Mediation auf einen professionellen Dienstleister verlassen zu können, der ihre Streitbeilegung fair moderiert.
Verhältnis zur Schlichtung, zum Schiedsverfahren und zur gerichtlichen Klärung
Mediation gehört zur Familie der alternativen Streitbeilegungsverfahren (ADR – Alternative Dispute Resolution), doch es gibt feine Unterschiede zwischen Mediation, Schlichtung, Schiedsgerichtsbarkeit und gerichtlichem Verfahren. Ein Verständnis dieser Abgrenzungen hilft, Mediation im Gesamtkontext einzuordnen.
Mediation vs. Schlichtung (Güteverfahren): Oftmals werden die Begriffe Mediation und Schlichtung synonym verwendet, doch im engeren Sinne gibt es Unterschiede in der Rolle des Dritten und dem Verfahren. Bei einer Schlichtung (Conciliation oder Güteverfahren genannt) tritt der Dritte – der Schlichter oder Gütemann – meist etwas stärker lenkend auf. Typischerweise hört ein Schlichter beide Seiten an und unterbreitet dann einen Vorschlag für eine Konfliktlösung (den sog. Schlichtungsspruch). Die Parteien können diesen Vorschlag annehmen (dann kommt ein Vergleich zustande) oder ablehnen (dann scheitert die Schlichtung). Die Schlichtung orientiert sich damit eher an einem Kompromissvorschlag von außen, während die Mediation strikt eine Lösung von innen heraus anstrebt. In der Praxis verschwimmen die Grenzen: Ein evaluativ tätiger Mediator, der Lösungsideen empfiehlt, kommt der Schlichtung sehr nahe. Umgekehrt arbeiten manche Schlichtungsstellen heutzutage methodisch mediativ, indem sie zunächst moderieren und erst am Ende einen Vorschlag machen, falls die Parteien selbst nicht fündig werden. Ein wichtiger Unterschied liegt auch in der Verbindlichkeit: Eine Mediationsvereinbarung entsteht nur durch einstimmigen Konsens, während ein Schlichtungsspruch unter Umständen – je nach Regelung – als Vergleich fixiert werden kann, wenn keine Partei fristgerecht widerspricht (z.B. bei den obligatorischen Schlichtungsverfahren einiger Bundesländer). In Deutschland gibt es in bestimmten Bereichen verpflichtende Schlichtungsverfahren vor Klagerhebung (z.B. bei Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Ehrverletzungen in einigen Ländern, § 15a EGZPO). Diese Schlichtungsstellen fungieren oft nach dem Muster: Anhörung, Vorschlag, Vergleichsprotokoll. Demgegenüber ist Mediation stets freiwillig und erfordert die aktive Mitwirkung.
Das Gerichtsverfahren mit Güteverhandlung hat ebenfalls Züge der Schlichtung: Gemäß § 278 ZPO muss jeder Zivilrichter zu Beginn eines Verfahrens eine Güteverhandlung durchführen und auf gütliche Einigung hinwirken. Manche Richter begnügen sich mit einem einfachen Vergleichsvorschlag, andere moderieren intensiver. Die gerichtliche Mediation durch Güterichter ist im Grunde eine institutionalisierte Schlichtung mit Mediationsmethoden – nur dass der Güterichter keine Entscheidung trifft, sondern lediglich vermittelt. Das Mediationsgesetz sah anfangs die gerichtliche Mediation kritisch, doch im Kompromiss wurde sie beibehalten, indem man den Begriff „Mediator“ für Richter vermeidet (nach der Übergangszeit) und stattdessen vom Güterichter spricht. In Summe kann man sagen: Schlichtung und Mediation verfolgen beide das Ziel der einvernehmlichen Lösung, aber die Schlichtung hat tendenziell einen dritten Entscheider im Hintergrund (der Vorschlag kommt vom Schlichter) und findet oft in formalisiertem Rahmen statt (z.B. vor Schiedsämtern, Schlichtungsstellen), während die Mediation stärker auf die Autonomie der Parteien setzt und flexibler im Ablauf ist. In der Praxis verschwinden diese Unterschiede manchmal hinter dem Hauptkriterium: Beide Verfahren sind konsensual, vertraulich und außergerichtlich. Kein Wunder, dass Gerichte wie das OLG Saarbrücken hervorhoben, Mediations- und Schlichtungsklauseln in Verträgen seien vom Effekt her vergleichbar und beide könnten der sofortigen Klagemöglichkeit entgegenstehen (siehe dazu unten).
Mediation vs. Schiedsverfahren (Schiedsgerichtsbarkeit): Das Schiedsverfahren ist ein privates Gerichtsverfahren. Die Parteien vereinbaren (meist in einer Schiedsvereinbarung im Vertrag), dass im Streitfall statt eines staatlichen Gerichts ein Schiedsgericht entscheidet. Das Verfahren vor Schiedsrichtern (Arbitratoren) ähnelt dem gerichtlichen Verfahren: Es gibt Klage und Verteidigung, Beweisaufnahme und am Ende einen Schiedsspruch, der für die Parteien bindend ist und unter bestimmten Voraussetzungen wie ein Gerichtsurteil vollstreckt werden kann. Der fundamentale Unterschied zur Mediation liegt in der Entscheidungsbefugnis: Im Schiedsverfahren wird ein Urteil in der Sache gesprochen (wenn auch von privaten Richtern), während in der Mediation keine Entscheidung erzwungen werden kann. Schiedsverfahren sind adversarial – die Parteien kämpfen für ihr Recht, und einer bekommt am Ende (ganz oder teilweise) recht. Mediation hingegen ist kooperativ – es gibt idealerweise keine „Verlierer“, sondern eine Win-Win-Lösung. Ein weiterer Unterschied: Endgültigkeit und Dauer. Ein Schiedsspruch ist endgültig (nur in Ausnahmefällen anfechtbar) – das kann ein Vorteil sein, wenn man Klarheit will. Mediationsergebnisse sind nur Vereinbarungen; halten sie nicht oder scheitert die Mediation, kann der Streit danach immer noch vor Gericht gehen. Dafür ist die Mediation meist schneller und kostengünstiger. Schiedsgerichte können, je nach Vereinbarung, aufwändig und teuer sein (Schiedsrichterhonorare, internationale Kanzleien etc.). In Gewerbemietsachen kommen Schiedsverfahren seltener vor als z.B. in großen internationalen Handelsverträgen, aber es ist durchaus möglich, eine Schiedsklausel in einen Mietvertrag aufzunehmen (z.B. um bei sehr hoher Miete und komplexen Verträgen die Verfahren nicht öffentlich vor staatlichen Gerichten auszutragen). Allerdings verliert man damit die Chance auf konsensuale Lösungen – der Schiedsrichter entscheidet streng nach Recht und Vertrag. Kombinationen aus Schiedsverfahren und Mediation sind jedoch denkbar: sogenannte Med-Arb- oder Arb-Med-Klauseln. Zum Beispiel könnten die Parteien vereinbaren, zunächst eine Mediation zu versuchen und erst wenn diese scheitert, ins (Schieds-)Gericht zu gehen. Manche Schiedsinstitutionen (wie die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit, DIS) bieten auch Mediationsordnungen an und es gibt Fälle, wo ein Schiedsverfahren unterbrochen wird, um eine Mediationsphase einzuschieben. Insgesamt lässt sich sagen: Mediation und Schiedsverfahren verfolgen zwar beide das Ziel, den staatlichen Gerichten auszuweichen, aber das eine tut es durch konsensuale Konfliktlösung, das andere durch private Adjudikation.
Mediation und gerichtliche Klärung (Gerichtsverfahren): Die gerichtliche Streitentscheidung ist der klassische Weg im Rechtsstaat, Konflikte verbindlich zu lösen. Im Verhältnis zur Mediation ergeben sich mehrere Aspekte:
Nachrangigkeit bzw. Vorrang der Mediation: Soll die Mediation dem Gerichtsprozess vorgehen? In Deutschland gibt es – anders als in einigen anderen Ländern – keine generelle Pflicht, vor Klageerhebung eine Mediation zu durchlaufen. Theoretisch kann jeder direkt klagen. Allerdings müssen Anwälte in der Klageschrift gemäß § 253 Abs. 3 ZPO angeben, ob vorab ein Schlichtungsversuch unternommen wurde (eine eher formale Pflicht, die aber das Bewusstsein schärfen soll). Immer häufiger vereinbaren Vertragsparteien jedoch Mediationsklauseln: also vertraglich wird festgelegt, dass im Streitfall zunächst eine Mediation versucht werden muss, bevor geklagt oder schiedsgerichtlich vorgegangen werden darf. Solche Klauseln sind in Gewerbemietverträgen anzutreffen, vor allem wenn es um langfristige und wichtige Kooperationen geht. Ihre rechtliche Wirksamkeit war zunächst umstritten, wird aber mittlerweile bejaht, sofern die Klausel hinreichend bestimmt ist. Das heißt, die Klausel sollte klar regeln, wie das Mediationsverfahren eingeleitet wird, gegebenenfalls bei welcher Institution oder nach welchen Regeln, die maximale Dauer oder das Prozedere, um zu verhindern, dass sie zur bloßen Verzögerung missbraucht wird. Ist eine solche Klausel präzise gefasst, betrachtet die Rechtsprechung sie als eine vertragliche Abrede eines dilatorischen Klageverzichts: Die Parteien haben sich dann – zeitweilig – das Recht zu klagen genommen, bis versucht wurde zu medieren. Eine ohne vorherige Mediation erhobene Klage wäre derzeit unzulässig, sofern die Gegenpartei sich auf die Mediationsklausel beruft. Anders gesagt: Die Gerichte zwingen zwar niemanden zur Mediation, aber sie respektieren, wenn die Parteien sich selbst dazu verpflichtet haben. So hat z.B. das OLG Saarbrücken entschieden, dass eine Mediationsklausel grundsätzlich die Klagemöglichkeit sperrt, analog zur anerkannten Rechtsprechung bei Schlichtungsklauseln. Allerdings darf dies nicht zur bloßen Förmelei werden – hat eine Partei das Mediationsverfahren treuwidrig vereitelt oder wäre es nach langen Verhandlungen offenkundig sinnlos, kann eine Berufung auf die Klausel auch versagt sein. Insgesamt zeigt sich aber: In der Rechts- und Vertragspraxis hat Mediation mittlerweile einen solchen Stellenwert, dass sie im Mehr-Ebenen-Streitbeilegungsklauseln oft an erster Stelle steht.
Gerichtsverfahren während/nach der Mediation: Entscheidend ist, dass die Mediation die gerichtliche Klärung nicht dauerhaft ersetzt, sondern ergänzt. Scheitert eine Mediation, steht der Rechtsweg offen. Umgekehrt kann eine bereits anhängige Klage jederzeit ruhend gestellt werden, falls die Parteien sich doch noch zu einer Mediation entschließen – Gerichte fördern dies teils aktiv, indem sie z.B. auf Wunsch der Parteien das Verfahren aussetzen. Oft regt das Gericht selbst (insbesondere in komplexen Fällen) eine externe Mediation oder die Überweisung an den Güterichter an. Der Vorteil: Gelingt die Mediation, kann das Ergebnis als Prozessvergleich vom Gericht protokolliert werden (oder in anderer Form vollstreckbar gemacht werden, z.B. notariell), und der Rechtsstreit ist erledigt. Für das Gericht bedeutet das Entlastung, für die Parteien eine im Idealfall schnellere Lösung. Im Gewerbemietrecht gibt es Beispiele, wo Landgerichte in laufenden Räumungsklagen die Parteien an einen Güterichter verwiesen haben, der dann mittels Mediationsmethoden eine Einigung erzielte. Hier arbeitet also das gerichtliche System mit dem Mediationsprinzip Hand in Hand. Wichtig: Während einer Mediation hemmen Verhandlungen in der Regel die Verjährung (§ 203 BGB), sodass keine Partei befürchten muss, durch das (außergerichtliche) Zögern Ansprüche zu verlieren – das war auch ein Anliegen der EU-Richtlinie, sicherzustellen, dass Mediation nicht rechtliche Nachteile bezüglich Fristen bringt.
Unterschiede im Ergebnis und der Durchsetzbarkeit: Ein gerichtliches Urteil ist bindend und notfalls mit Zwang durchsetzbar, während eine Mediationsvereinbarung ein Vertrag ist. Bei Letzterer besteht theoretisch das Risiko, dass eine Partei es sich anders überlegt. Praktisch kann dem vorgebeugt werden, indem die Vereinbarung notariell beurkundet oder vom Gericht als Vergleich protokolliert wird – dann hat man einen vollstreckbaren Titel. Allerdings kommt es deutlich seltener vor, dass Mediationsvereinbarungen nicht eingehalten werden, da sie ja gemeinsam erarbeitet wurden und in beider Interesse liegen. Studien zeigen, dass Parteien getroffene Abmachungen aus Mediationen in hohem Maße freiwillig umsetzen (Streitkultur und Beziehung spielen hier eine Rolle). Nichtsdestotrotz: Wenn es primär um einen rechtlichen Präzedenzfall oder eine klärende Auslegung einer Norm geht, ist das Gericht gefragt – Mediation produziert keine Rechtsgrundsatzentscheidungen. Mediation zielt auf individuellen Interessenausgleich, während Gerichte oft auch Rechtssicherheit und Präzedenz setzen.
Zusammenwirken und Wahl des Verfahrens: Mediation und gerichtliche bzw. schiedsgerichtliche Verfahren sind kein Entweder-Oder, sondern Bausteine eines ganzheitlichen Konfliktmanagements. Eine Mediation kann z.B. vorbereitet werden, indem die streitigen Punkte juristisch sondiert werden (damit alle mit informierter Position hineingehen), und wenn sie scheitert, lässt sich immer noch ein Schiedsgericht anrufen. Umgekehrt kann nach Teilentscheidungen eines Gerichts erneut ein Mediationsfenster genutzt werden, um Restfragen gütlich zu lösen. In langfristigen Geschäftsbeziehungen – wie Gewerbemietverhältnissen – ist es klug, mehrstufige Klauseln zu vereinbaren: zunächst Verhandlung auf Managementebene, dann Mediation, dann (falls nötig) Schiedsgericht oder staatliches Gericht. So haben die Parteien die Chance, ihre Angelegenheit in frühen Stadien selbst zu kontrollieren und nur im Notfall die Entscheidungsgewalt an Dritte abzugeben.
Zusammengefasst unterscheidet sich Mediation vom Schieds- und Gerichtsverfahren hauptsächlich durch den kooperativen Charakter und die Selbstbestimmung der Parteien. Die gerichtliche Streitentscheidung bleibt wichtig, um Rechte durchzusetzen, wenn keine Einigung möglich ist, und um verbindliche Klärungen zu schaffen. Mediation ist hingegen das Mittel der Wahl, wenn Flexibilität, Schnelligkeit und Erhalt der Beziehung im Vordergrund stehen. Schlichtung liegt irgendwo dazwischen – ein vermittelnder Dritter macht einen Kompromissvorschlag. In der Praxis werden diese Verfahren oft ergänzend eingesetzt, um je nach Konfliktstadium das passendste Werkzeug zu haben.
Mediation als Instrument der nachhaltigen Rechts- und Vertragsgestaltung
Mediation dient nicht nur der akuten Konfliktbeilegung, sondern kann auch als strategisches Instrument eingesetzt werden, um Rechtsbeziehungen nachhaltig zu gestalten und künftigen Streit vorzubeugen. Der Grundgedanke ist, dass durch den kooperativen Umgang und die Einbeziehung beider Interessen dauerhafte, tragfähige Lösungen entstehen, die im Nachhinein weniger Anlass zu neuen Konflikten geben.
Ein Aspekt ist die sogenannte Deal Mediation oder präventive Mediation: Hier wird ein Mediator bereits bei Vertragsverhandlungen hinzugezogen, obwohl noch kein Streit ausgebrochen ist. Gerade bei komplexen oder heiklen Vertragsabschlüssen – etwa bei großen Gewerberaummietverträgen für Einkaufszentren, langfristigen Pachtverträgen oder Projektentwicklungsverträgen – kann ein neutraler Dritter helfen, die Parteien bei den Verhandlungen zu begleiten, um Interessen auszuloten und Missverständnisse früh auszuräumen. Rödl & Partner spricht davon, dass das Mediationsverfahren sogar bei atypischen Situationen wie Vertragsverhandlungen als sogenannte Deal Mediation genutzt werden kann, um von Anfang an nachhaltige und tragfähige Vereinbarungen zu erzielen. Durch diese mediative Vertragsgestaltung stellen die Parteien sicher, dass beide Seiten die Vertragsklauseln wirklich verstehen und akzeptieren, und dass latente Konfliktherde entweder gelöst werden oder Regelungsmechanismen erhalten. Beispielsweise könnte in einer moderierten Vertragsverhandlung gleich eine Klausel über die künftige Behandlung bestimmter Probleme aufgenommen werden (etwa über Lärmimmissionen, flexible Öffnungszeiten bei Events etc.), die ohne Mediator eventuell gar nicht thematisiert worden wären. So entsteht ein robusterer Vertrag, weil er auf einem tieferen gemeinsamen Verständnis beruht.
Mediation fördert auch die nachhaltige Streitkultur in laufenden Geschäftsbeziehungen. Wenn Vermieter und Mieter bereits in kleineren Unstimmigkeiten den Dialog suchen und sich eventuell moderiert austauschen, lassen sich viele Probleme auf niedrigschwelliger Ebene lösen, bevor sie zu Rechtsstreitigkeiten eskalieren. Das Konzept der nachhaltigen Rechtsgestaltung meint hier, dass Verträge und geschäftliche Beziehungen so begleitet werden, dass Rechtskonflikte gar nicht erst destruktiv werden. Durch Mediation können die Parteien lernen, kommunikative Werkzeuge zu nutzen, um Differenzen auszuräumen – im besten Fall übernimmt man gewisse Prinzipien der Mediation (Offenlegung von Interessen, Suche nach Win-Win, wertschätzende Kommunikation) in den Alltag der Geschäftsbeziehung. Einige Großunternehmen haben daher interne Konfliktmanagement-Systeme aufgebaut, bei denen Mediation eine wichtige Rolle spielt (z.B. regelmäßige Mediationsangebote für Mitarbeiter oder Geschäftspartner). Insofern trägt Mediation auch zur Corporate Governance bei: ein Unternehmen, das proaktiv Konflikte mediativ angeht, spart Kosten und schützt seine Geschäftsbeziehungen langfristig.
Ein weiterer Punkt ist die Einbindung von Mediationsklauseln in Musterverträge und Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Dazu mehr im folgenden Abschnitt, aber im Kontext nachhaltiger Vertragsgestaltung kann man sagen: Die bewusste Entscheidung, in einem Vertrag einen Mechanismus wie eine Mediationsklausel zu verankern, zeigt, dass die Parteien langfristig auf Kooperation statt Konfrontation setzen. Solche Klauseln signalisieren, dass man im Konfliktfall nicht sofort zum „letzten Mittel“ (Gericht) greifen, sondern zunächst den gemeinsamen Weg suchen will. Das kann bereits präventiv wirken: Kennt jeder die Spielregeln (erst Mediation, dann ggf. Schiedsgericht), verhärten sich die Fronten weniger schnell, weil klar ist, dass man sich sowieso zuerst an einen Tisch setzen muss.
Mediation fördert nachhaltige Lösungen im wörtlichen Sinne: Die Lösungsoptionen werden nicht nur auf den aktuellen Streit zugeschnitten, sondern oft in die Zukunft fortgeschrieben. Beispiel: In einer Mediationsvereinbarung zu einer Mietstreitigkeit könnten die Parteien nicht nur den aktuellen Mietzins regeln, sondern gleich einen Mechanismus für zukünftige Mietanpassungen definieren, um weitere Konflikte zu vermeiden (etwa Koppelung an einen Umsatz, Staffeln, etc.). Oder sie einigen sich auf gemeinsame Richtlinien für die Zusammenarbeit (z.B. regelmäßige Meetings zwischen Mieter und Center-Management), die das Verhältnis dauerhaft verbessern. All dies sind Resultate, die weit über das hinausgehen, was ein Gericht in einem Urteil tun würde – ein Richter spricht nur Recht über den vergangenen Konflikt, während die Medianden in die Zukunft planen. Diese prospektive Komponente macht Mediation zu einem echten Instrument der Vertragsgestaltung.
Man spricht bisweilen auch von „streitigen Vertragsänderungen“, die in der Mediation erfolgen: Anstatt dass eine Partei einseitig den Vertrag bricht und der Richter dann retrospektiv Schäden berechnet, wird in der Mediation der Vertrag so modifiziert, dass er für beide wieder tragbar ist – das schont Ressourcen und erhält Werte. Beispielsweise kann eine Mediation ausarbeiten, wie während einer Umbauphase (etwa Modernisierung eines Einkaufszentrums) die Nachteile für Mieter verteilt und ausgeglichen werden, und das Ergebnis mündet in einer Vertragsnachtragsvereinbarung, die diese Punkte regelt. Die Beziehung ist damit angepasst statt abgebrochen.
Nachhaltigkeit bezieht sich auch auf den gesellschaftlichen und ökonomischen Nutzen: Mediation im Gewerbemietrecht kann verhindern, dass funktionierende Geschäfte aufgrund von Rechtsstreitigkeiten aufgeben müssen (etwa weil ein Konflikt eskaliert und der Mieter den Standort verliert). Indem sie Beziehungen repariert und Zusammenarbeit ermöglicht, trägt sie zur Wertschöpfungskette bei – Vermieter behalten zuverlässige Mieter, Mieter können ihr Gewerbe fortführen, Arbeitsplätze bleiben erhalten. Zudem entlastet jede gütliche Einigung die Gerichte und spart öffentliche Ressourcen.
In Europäischer Perspektive wird Mediation sogar als Teil einer nachhaltigen Entwicklung der Rechtsordnung gesehen: Weg von der reinen Konfrontation hin zu einer Konsenskultur, die im Einklang mit sozialer Verantwortung steht. So betonen Mediationsbefürworter, dass sie nachhaltigen Frieden zwischen den Parteien schafft statt kurzfristige Sieger-Verlierer-Entscheide.
Zusammengefasst kann Mediation im Gewerbemietrecht als Werkzeug dienen, nicht nur Konflikte zu lösen, sondern Verträge resilienter zu machen und Beziehungen zu stärken. Voraussetzung ist freilich, dass beide Seiten den Wert dieser Herangehensweise erkennen. In der Praxis zeigt sich, dass immer mehr Unternehmen und auch öffentliche Stellen Mediation als strategisches Element einsetzen – sei es zur Gestaltung von öffentlichen Pachtverträgen, bei Stadtentwicklungsprojekten (Quartiersmanagement mit Mediationsmechanismen) oder in Branchenvereinbarungen (z.B. zwischen Filialisten und Einkaufszentren). Mediation ist damit mehr als eine Technik zur Streitbeilegung: Sie ist ein Instrument vorausschauender Rechtsgestaltung, das nachhaltige, selbstbestimmte Lösungen hervorbringt.
Praxisbeispiele, empirische Erkenntnisse und Erfolgsquoten
Die Praxis der Mediation im Gewerbemietrecht zeigt ein ambivalentes Bild: Einerseits gibt es eindrucksvolle Erfolgsgeschichten und hohe Einigungsquoten; andererseits wird das Verfahren – gemessen an der Gesamtzahl der Konflikte – noch relativ zurückhaltend genutzt.
Empirische Nutzung: Die 2017 veröffentlichte Evaluation des MediationsG ergab, dass die Anzahl durchgeführter Mediationen in Deutschland auf niedrigem Niveau stagnierte. So wurden in den Jahren 2014–2016, laut Befragung von Mediatoren, jährlich insgesamt nur etwa 7.000 bis 8.500 Mediationsverfahren durchgeführt. Ein drastischer Anstieg der Mediationshäufigkeit war nicht zu erkennen. Auffällig war zudem, dass die Mediationen stark auf wenige, sehr aktive Mediatoren konzentriert waren – die große Mehrzahl der ausgebildeten Mediatoren führte weniger als 5 Mediationen pro Jahr durch. Dies deutet darauf hin, dass Mediation trotz gesetzlicher Förderung noch nicht flächendeckend zur selbstverständlichen Streitbeilegungsmethode geworden ist. Im Bereich des Gewerberechts gibt es keine genauen Zahlen, aber Indizien sprechen dafür, dass wirtschaftsrechtliche Konflikte (inkl. Mietstreitigkeiten) nur einen Teil der insgesamt überschaubaren Mediationslandschaft ausmachen. Gleichwohl berichten große Unternehmen vermehrt von intern etablierten Konfliktmanagementsystemen: So hat etwa der Energieversorger E.ON in den letzten Jahren 120 betriebliche Mediatoren ausgebildet und aktiv im Einsatz, was zeigt, dass in der Wirtschaft die Bedeutung alternativer Konfliktlösung erkannt wird. Initiativen wie der „Round Table Mediation und Konfliktmanagement der Deutschen Wirtschaft“ vereinen Großunternehmen, um Best Practices auszutauschen. Gerade bei Unternehmensmietverträgen (z.B. Filialnetze) greifen solche Firmen dann auch auf Mediation zurück, anstatt gleich zu klagen.
Erfolgsquoten: Wenn Mediation durchgeführt wird, sind die Erfolgschancen sehr hoch. Verschiedene Studien und Branchenerhebungen zeigen, dass zwischen 70% und 80% der Mediationsverfahren mit einer Vereinbarung enden. Eine oft zitierte Zahl lautet: „80 Prozent der Mediationen sind erfolgreich“. Diese Erfolgsquote bedeutet, dass in vier von fünf Fällen die Parteien am Ende einer Mediation eine Lösung gefunden haben, mit der beide leben können. Das ist eine beeindruckende Statistik im Vergleich zum Gerichtsprozess, wo am Ende zwingend eine Seite unterliegt. Natürlich sagt eine Abschlussvereinbarung alleine noch nicht alles über den Konflikt aus – die Evaluationsstudie von 2017 betonte, dass obwohl häufig eine Abschlussvereinbarung erzielt wird (in rund 76% der Fälle), dies nicht immer heißt, dass der Konflikt vollständig befriedet ist. Manchmal einigen sich Parteien auf einen Vergleich, bleiben aber unzufrieden oder behandeln nur Teile des Problems. Dennoch ist eine Einigungsquote von etwa drei Viertel bis vier Fünftel ein deutliches Zeichen für die Wirksamkeit der Mediation als Methode.
Auch qualitativ wird der Erfolg sichtbar: In vielen Fällen berichten Beteiligte, dass sie mit dem Ergebnis zufriedener sind als sie es mit einem Urteil gewesen wären, weil ihre persönlichen Anliegen berücksichtigt wurden. Es gibt zudem Langzeitbeobachtungen, dass Mediationsvereinbarungen seltener nachträglich gebrochen oder vollstreckt werden müssen als Gerichtsurteile – schlicht weil die Parteien die Lösung wirklich mittragen.
Praxisbeispiele: Ein lehrreiches Beispiel für den Erfolg der Mediation im Gewerbemietrecht liefert ein Fall, der von Praktikern veröffentlicht wurde: In einem komplizierten Streit um Brandschutzmängel in einem gewerblich genutzten Gebäude hatte der Mieter die Miete komplett eingestellt und der Vermieter klagte auf Zahlung. Die Fronten waren maximal verhärtet; keiner glaubte anfangs an eine Lösung in der Mediation. Doch im gerichtlichen Güterichterverfahren gelang es Schritt für Schritt, die Parteien ins Gespräch zu bringen. Man identifizierte gemeinsam, was beiden wirklich wichtig war – der Vermieter wollte das Mietverhältnis erhalten und seine Liquidität sichern, der Mieter brauchte Sicherheit bezüglich der Brandschutzfrage und wollte eigentlich auch nicht schließen. Es wurden Fakten geschaffen (gemeinsame Gutachter, Einsicht in Genehmigungsunterlagen) und schließlich nach hartem Ringen ein umfassender Vergleich erzielt: Beide Seiten konnten ihr Verhältnis normalisieren, alle Problemfelder wurden geklärt, und das Mietverhältnis wurde fortgesetzt. Die Parteien bezeichneten die Mediation als „vollen Erfolg“; eine Fortsetzung des Prozesses hätte das nie ermöglicht. Dieses Beispiel zeigt nicht nur eine erfolgreiche Einigung, sondern auch den qualitativen Mehrwert: Nachhaltigkeit und Beziehungserhalt. Der Konflikt wurde so gelöst, dass man weiter zusammenarbeiten konnte, anstatt sich zu trennen.
In der Praxis sind solche positiven Beispiele natürlich nicht in jedem Konflikt erzielbar – es gibt auch Mediationen, die scheitern, etwa weil eine Partei kein wirkliches Interesse am Ausgleich hat oder externe Faktoren es erschweren. Allerdings ist die Scheiterquote relativ gering. Meist gilt: Wenn die Beteiligten sich ernsthaft auf den Prozess einlassen, kommt zumindest irgendeine Form der Verständigung oder Teilvereinbarung heraus. Und selbst im worst case (Abbruch der Mediation) profitieren die Parteien oft insofern, als sie ihre Positionen und die des Gegenübers besser verstanden haben – was im folgenden Gerichtsverfahren zu gezielteren Schriftsätzen und oft noch einem späten Vergleich führt.
Kosten-Nutzen-Betrachtung: Empirisch interessant ist auch die Frage, ob Mediation tatsächlich Zeit und Kosten spart. Eine pauschale Antwort gibt es nicht, da es vom Einzelfall abhängt. Aber viele Vergleiche zeigen, dass ein typisches Mediationsverfahren (oft wenige Sitzungen über einige Wochen verteilt) deutlich schneller zum Abschluss kommt als ein mehrinstanzliches Gerichtsverfahren (das sich über Jahre ziehen kann). Kostenmäßig fallen zwar Mediatorenhonorare an (und ggf. Anwaltskosten für die Begleitung in der Mediation), doch diese teilen sich die Parteien meist und sie sind in Relation zum Streitwert oft moderat – jedenfalls geringer als die Summe aus Gerichts- und Anwaltskosten beider Seiten in einem langen Prozess. Dazu kommt der schwer messbare, aber reale wirtschaftliche Vorteil, dass während der Konfliktphase im Mediationsfall oft der Geschäftsbetrieb konstruktiv weiterlaufen kann, statt sich in Blockade oder kompletter Vertragsbeendigung zu verlieren.
Akzeptanz und Kultur: Empirisch zeigt sich weiterhin, dass die Akzeptanz der Mediation wächst, aber noch Luft nach oben bleibt. 2017 stellte die Bundesregierung fest, dass Mediation inzwischen einen festen Platz in der deutschen Streitbeilegungskultur hat, aber ihr Potential noch längst nicht ausgeschöpft ist. Vielerorts fehlt es noch an Bekanntheit oder Vertrauen in das Verfahren, insbesondere bei kleineren Unternehmen oder Einzelhändlern, die eher traditionell sofort zum Anwalt gehen. Auch die Rechtsschutzversicherer spielen eine Rolle: Einige (z.B. ARAG) fördern die Mediation aktiv und übernehmen Kosten, andere eher zögerlich. Interessant ist hier, dass der Bundesgerichtshof sogar Mediationsklauseln in Rechtsschutzversicherungsbedingungen für zulässig erklärt hat – d.h. eine Versicherung kann den Kunden vertraglich verpflichten, erst eine Mediation zu versuchen, bevor sie den Anwalts- und Gerichtsprozess bezahlt. Dies unterstreicht, dass selbst die Justiz im weiteren Sinne (Versicherungen als „Prozessfinanzierer“) die Mediation als wirkungsvolles Mittel ansieht, um Konflikte effizienter zu lösen.
Insgesamt sprechen die empirischen Erkenntnisse eine klare Sprache: Dort wo Mediation eingesetzt wird, ist sie in hohem Maße erfolgreich und erzielt Lösungen, die vor Gerichten oft nicht erreichbar wären. Die Herausforderung bleibt, die Mediation noch breiter zur Anwendung zu bringen. Die Erfolgszahlen – rund 80% Einigungsquote – sind jedenfalls ein starkes Argument für Parteien, es zumindest zu versuchen. Denn wenn es gelingt, erspart man sich den teuren und nervenaufreibenden Gang zum Gericht. Und wenn nicht, hat man wenig verloren außer etwas Zeit.
Rolle der Mediation im Rahmen langfristiger gewerblicher Vertragsbeziehungen
Langfristige Geschäftsbeziehungen – wie sie im Gewerbemietrecht die Regel sind – stellen besondere Anforderungen an das Konfliktmanagement. Hier geht es nicht um einen einmaligen Austausch (wie beim Kaufvertrag, wo Käufer und Verkäufer nach Erfüllung auseinandergehen), sondern um ein dauerhaftes Miteinander, oft über viele Jahre. In solchen Konstellationen ist die Erhaltung einer guten Geschäftsbeziehung beinahe so wichtig wie die Lösung des einzelnen Sachkonflikts. Genau in diesem Punkt spielt die Mediation ihre Stärken voll aus.
Während ein Gerichtsprozess die Parteienpositionen meist weiter polarisiert und das Verhältnis belastet, ermöglicht die Mediation, dass die Parteien auch nach der Konfliktbeilegung partnerschaftlich verbunden bleiben. Durch den Mediationsprozess, in dem beide Seiten Gehör finden und respektvoll verhandeln, kommt es idealerweise nicht zu der sonst typischen Gewinner-Verlierer-Situation. Stattdessen kann das Ergebnis so gestaltet sein, dass beide Seiten sich als Gewinner fühlen (win-win) oder zumindest das Gesicht wahren. Dies versetzt die Parteien – wie es ein Fachbeitrag formuliert – in die komfortable Lage, sich auch nach einem Konflikt wieder mit Respekt und ohne Gesichtsverlust begegnen zu können. Gerade bei langfristigen Vertragsverhältnissen ist dieser Aspekt enorm wertvoll, da die Parteien noch weiter zusammenarbeiten müssen und eine vergiftete Stimmung zukünftige Kooperation nahezu unmöglich macht.
Im Gewerbemietrecht sind Mieter und Vermieter gewissermaßen Schicksalsgemeinschaften auf Zeit: Der Vermieter ist darauf angewiesen, dass der Mieter sein Geschäft erfolgreich betreibt und die Miete zahlt; der Mieter braucht einen verlässlichen Vermieter, der das Objekt in Schuss hält und ihm nicht unbegründet kündigt. Beide haben also ein Interesse an Stabilität und Vertrauen. Eine Mediation, die einen Streit einvernehmlich löst, kann das Vertrauen sogar stärken – etwa weil beide Seiten gesehen haben, dass der andere zur Kooperation bereit ist. Man „lebt“ durch die Mediation ein Stück weit Konfliktkultur, was fürs weitere Verhältnis positive Auswirkungen hat. In manchen Fällen verbessert sich die Kommunikation nach einer Mediation derart, dass zukünftige kleinere Probleme im direkten Gespräch geklärt werden können, ohne externe Hilfe.
Ein Langzeit-Mietvertrag kann außerdem mehrere Konflikte im Laufe der Jahre erleben (z.B. zunächst Streit über Nebenkosten, später über eine Mieterhöhung, dann über einen Untervermietungswunsch usw.). Wenn die Parteien frühzeitig gute Erfahrungen mit der Mediation gemacht haben, entsteht eine Art Konfliktbewältigungsroutine: Man weiß, dass man im Ernstfall diesen Weg gehen kann und gemeinsam Lösungen findet, statt jedes Mal sofort die Eskalation zu wählen. Das hat sogar wirtschaftliche Vorteile: Die Beziehung bleibt produktiv, Kündigungen oder Standortwechsel (die teuer sind) werden vermieden, und man spart sich wiederholte Prozesskosten.
In der Rechtsprechung wird immer wieder betont, dass Gewerbemietverhältnisse oft persönlich geprägt sind – gerade bei mittelständischen Vermietern und Mietern hat man es mit denselben Personen zu tun, die über Jahre interagieren. Ein Gerichtsurteil kann diese Personen zwar rechtlich binden, aber emotional oft entfremden. Dagegen kann eine selbst gefundene Lösung, moderiert durch Mediation, beide Personen auch auf einer menschlichen Ebene versöhnen oder zumindest respektvoll auseinandergehen lassen. So wurde in einem veröffentlichten Mediationsfall berichtet, dass die Parteien es „geschafft haben, ihr Verhältnis zu normalisieren“ und das Mietverhältnis fortzuführen – und dass genau dies bei einer streitigen Fortsetzung des Verfahrens nicht möglich gewesen wäre. Das zeigt plakativ, dass die Mediation gerade in langfristigen Beziehungen einen Mehrwert bietet, den kein Urteil bieten kann: das Weiterführen der Beziehung unter verbesserten Vorzeichen.
Ein spezieller Bereich langfristiger Verträge ist die Nachfolgeregelung: Gewerbemietverträge werden gelegentlich auf Rechtsnachfolger übertragen (z.B. Verkauf der Immobilie, Übertragung des Geschäfts des Mieters). Mediation kann hier ebenfalls eine Rolle spielen, um den Übergang reibungslos zu gestalten und allfällige Interessenkonflikte (etwa bei der Zustimmung zur Vertragsübernahme) auszuhandeln, statt dass ein Neuer Eigentümer und der Altmieter gleich im Streit landen.
Nicht zu unterschätzen ist ferner der Image-Aspekt: In langfristigen Mietbeziehungen – etwa in einem Shoppingcenter – beobachten auch andere Mieter, wie Konflikte gehandhabt werden. Wenn bekannt wird, dass der Vermieter bereit ist, in Mediation zu gehen und faire Lösungen zu finden, fördert das ein Klima von Vertrauen im ganzen Haus. Würde der Vermieter hingegen jeden Streit sofort mit harten Bandagen führen, könnte dies das Betriebsklima belasten. Insofern wirkt Mediation hier auch reputationsfördernd als Teil eines professionellen Relationship-Managements.
Schließlich trägt Mediation im langfristigen Verhältnis auch dazu bei, Vertragstreue zu erhöhen: Eine gemeinsam gefundene Lösung ist oft so austariert, dass beide Seiten ein Interesse haben, sie einzuhalten – sonst droht ja wieder ein Konflikt. Im Unterschied dazu kann ein unter Zwang erstrittenes Urteil eher Umgehungsstrategien provozieren oder zumindest keine positive Motivation schaffen.
Fazit: In einem langfristigen gewerblichen Mietverhältnis ist Mediation fast so etwas wie „Öl im Getriebe“ – es hält die Beziehung geschmeidig, selbst wenn es mal knirscht. Sie bietet den Parteien die Chance, Konflikte auszutragen, ohne die Beziehung zu zerstören, und schafft so die Grundlage dafür, dass der Vertrag seine Laufzeit erfüllt und idealerweise sogar verlängert wird. Diese Beziehungsdimension ist es, die Mediation in langfristigen Verträgen so wertvoll macht. Wie ein altes Sprichwort sagt: Man sieht sich immer zweimal im Leben – im Gewerbemietrecht sieht man sich sogar täglich, daher lohnt es sich, Streit so beizulegen, dass man sich morgen noch in die Augen schauen kann.
Integration der Mediation in Musterverträge und AGB
Mit wachsender Bekanntheit der Mediation greifen Vertragsgestalter vermehrt darauf zurück, bereits in Verträgen Mediationsklauseln oder Eskalationsvereinbarungen aufzunehmen. Im Gewerbemietrecht, wo oft mit Musterverträgen gearbeitet wird (z.B. von größeren Vermietern, Hausverwaltungen oder in der Beratungsliteratur), stellt sich die Frage, wie Mediation dort verankert werden kann und was dabei zu beachten ist.
Eine typische Mediationsklausel könnte lauten: „Die Parteien verpflichten sich, im Streitfall zunächst eine Mediation nach der und der Ordnung durchzuführen, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden. Erst wenn die Mediation innerhalb von X Wochen nicht zu einer Einigung führt, ist der Rechtsweg zulässig.“ Solche Klauseln kommen sowohl in individuell ausgehandelten Gewerbemietverträgen vor als auch als Teil von AGB großer Vermieter (etwa Shopping Center-Betreiber könnten sie in alle Mietverträge aufnehmen). Ihre Wirksamkeit hängt davon ab, dass sie transparent und zumutbar sind, insbesondere wenn sie in AGB stehen. Gemäß § 307 BGB (AGB-Kontrolle) dürfen sie den Mieter nicht unangemessen benachteiligen. Eine gut formulierte Mediationsklausel wird als zumutbar angesehen, da sie ja lediglich eine zeitliche Verzögerung des Klagerechts bewirkt, aber dieses nicht endgültig abschneidet und sogar beiderseits Vorteile bieten kann. Wichtig ist die konkrete Ausgestaltung: Die Klausel sollte z.B. bestimmen, wer den Mediator auswählt (vielleicht einvernehmlich aus einer Liste oder über eine Institution wie die IHK oder DIS), welches Verfahren gilt (ein Verweis auf die Mediationsordnung einer Institution oder auf das MediationsG allgemein), die Dauer oder Abbruchkriterien (z.B. „Wenn nach 60 Tagen keine Einigung, ist Mediation gescheitert“), und eventuell die Sprache oder den Ort bei grenzüberschreitenden Elementen. Fehlt eine solche Bestimmtheit, laufen Mediationsklauseln Gefahr, als „bloße Förmelei“ gesehen zu werden, die nicht klagehindernd ist. Frühere Urteile (LG Heilbronn 2010, OLG Frankfurt 2009) hatten pauschale Mediationsabreden ohne Verfahrenstiefe als unverbindlich erachtet. Inzwischen zeichnet sich aber Konsens ab, dass eindeutig formulierte Mediations- oder Eskalationsklauseln wirksam sind und von den Gerichten respektiert werden. Der BGH selbst hat in Bezug auf Schlichtungsklauseln bereits 1998 entschieden, dass diese der Zulässigkeit einer Klage entgegenstehen können (BGH, Urt. v. 18.11.1998 – VIII ZR 344/97). Diese Linie wird – wie erwähnt – von einigen auf Mediationsklauseln übertragen. So hat das OLG Saarbrücken 2015 klar bejaht, dass die vereinbarte Mediation zunächst durchzuführen ist, bevor geklagt werden darf, sofern die Klausel hinreichend bestimmt und nicht treuwidrig ist.
Integration in Musterverträge: Anbieterseitig (z.B. bei Immobiliengesellschaften) besteht manchmal eine gewisse Zurückhaltung, weil man befürchtet, dass eine Mediation Zeit kostet oder Missbrauch zur Verzögerung erlaubt. Andererseits erkennen viele die Vorzüge: Eine standardisierte Klausel nimmt den Parteien nicht die Möglichkeit, trotzdem schnell gerichtliche Hilfe zu suchen (z.B. einstweiliger Rechtsschutz bei Gefahr im Verzug bleibt ohnehin unberührt), signalisiert aber doch den Willen zur gütlichen Einigung. Einige Muster-Mietverträge empfehlen daher, eine Mediationsklausel einzufügen, besonders bei langfristigen Mietbindungen oder komplexen Verträgen. Beratende Juristen achten darauf, die Klausel ausgewogen zu formulieren, damit sie im Zweifel vor der AGB-Kontrolle standhält (z.B. sollte nicht einseitig nur der Mieter gezwungen sein, sondern beide; und es sollte kein völlig offenes Verfahren ohne Exit-Möglichkeit vereinbart sein).
In der Praxis kann eine Eskalationsklausel mehrstufig sein: erst interne Verhandlung (z.B. Geschäftsführerebene), dann Mediation, schließlich Schieds- oder Gerichtsverfahren. Solche Klauseln sind in anglo-amerikanischen Verträgen üblich („multi-tier clauses“) und finden auch hierzulande zunehmend Verbreitung in größeren Verträgen. Im Mietbereich ist es noch nicht Standard in allen Musterverträgen, aber man sieht es insbesondere dort, wo die Parteien professionell sind (etwa Unternehmen als Mieter).
Durchsetzung der Klausel: Wenn es zur Streitigkeit kommt, muss die Partei, die klagt, damit rechnen, dass das Gericht prüft, ob eine Mediationsabrede besteht. Hält die Gegenseite sich daran, wird sie in der Klageerwiderung die Einrede der Schiedsabrede analog erheben, woraufhin das Gericht entweder die Klage als unzulässig abweist oder (pragmatischer) das Verfahren aussetzt und die Parteien zur Mediation anhält. Einige Gerichte könnten auch selbst in die Rolle des Güterichters wechseln, falls das den Parteien recht ist – oder einfach auf die Klausel hinweisen und um Mitteilung bitten, was die Mediation ergeben hat. Es kann Situationen geben, wo die Klausel obsolet wird – etwa weil die Parteien schon monatelang ohne förmliche Mediation verhandelt haben (dann könnte eine strikte Berufung auf die Klausel treuwidrig sein). Aber grundsätzlich: Eine sauber entworfene Mediationsklausel ist heute ein durchsetzbares Instrument.
Integration in AGB: Verwendet ein Gewerbevermieter eine Mediationsklausel in seinen allgemeingültigen Mietvertrags-AGB, muss er besonders auf Klarheit achten. Ein zu vager Passus („Streitigkeiten werden gütlich beigelegt“) hilft nicht weiter und wäre im Zweifel unwirksam. Eine detaillierte Regel (vielleicht als eigener Paragraph in den AGB, der Mediationsverfahren beschreibt) hingegen kann Bestand haben. Wichtig ist es, auch Kostenfragen zu regeln: Üblich und fair ist, dass die Parteien die Kosten der Mediation hälftig teilen, sofern nichts anderes vereinbart wird. Steht dazu nichts, könnte Unsicherheit bestehen, wer den Mediator bezahlt – auch das wäre ein Punkt für die Transparenzkontrolle.
Musterverträge aus der Praxis: Manche Branchenverbände oder Publikationen enthalten bereits Mediationsklauseln. Beispielsweise gibt es Muster in Veröffentlichungen des Deutschen Mietgerichtstages oder im Rahmen von Conflict Management-Empfehlungen der IHK. Der Vorteil von brancheneinheitlichen Klauseln ist, dass die Gerichte sich an deren Formulierung gewöhnen und diese eher akzeptieren.
Zusammenfassung: Die Aufnahme einer Mediations- oder Schlichtungsklausel in Gewerbemietverträge wird zunehmend als Best Practice angesehen, um einen Mechanismus zur außergerichtlichen Streitbeilegung von vornherein festzulegen. Solche Klauseln fördern eine Kultur, Konflikte zunächst bilateral anzugehen. Damit das funktioniert, sollten die Klauseln klar und fair gefasst sein. Sind sie das, steht ihrer Wirksamkeit nichts entgegen – im Gegenteil, die Gerichte begrüßen es, wenn Parteien eigenverantwortlich Konfliktlösungsmechanismen vorsehen. In einem Mustervertrag könnte etwa im Abschnitt „Streitbeilegung“ stehen: „Die Parteien werden etwaige Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag zunächst durch Verhandlungen ihrer bevollmächtigten Vertreter zu lösen versuchen. Gelingt binnen 30 Tagen keine Einigung, verpflichten sie sich, eine Mediation nach der Mediationsordnung der […] durchzuführen. Erst wenn auch 60 Tage nach Beginn der Mediation keine vollständige Einigung erzielt wurde, ist jede Partei berechtigt, den Streit gerichtlich geltend zu machen.“ Solch eine Klausel deckt die wesentlichen Punkte ab und dürfte im Zweifel Bestand haben.
Insgesamt lässt sich sagen, dass die vertragliche Verankerung der Mediation im Gewerbemietrecht ein Zeichen dafür ist, dass diese Methode an Anerkennung gewinnt. Verträge werden damit um einen „eingebauten Feuerlöscher“ reicher – man hofft natürlich, ihn nie zu benötigen, aber im Ernstfall ist er verfügbar.
Kosten- und steuerrechtliche Aspekte der Mediation
Bei der Entscheidung für oder gegen eine Mediation spielen Kostenüberlegungen oft eine Rolle. Grundsätzlich ist die Mediation ein privat finanziertes Verfahren: Der Mediator erhält ein Honorar, das typischerweise nach Stundensatz oder Tagessatz bemessen ist. Im Gewerbemietrecht, wo es um wirtschaftliche Streitwerte geht, vereinbaren Mediatoren häufig Stundensätze, die von beiden Parteien zu gleichen Teilen getragen werden – es sei denn, man trifft eine andere Abrede (z.B. trägt zunächst der Vermieter die Kosten, was in manchen Fällen angeboten wird, um den Mieter zur Teilnahme zu motivieren). Rechtlich gibt es (noch) keine Möglichkeit, diese Mediationskosten im Rahmen eines Gerichtsverfahrens der unterliegenden Partei aufzuerlegen. Anders als Gerichtsgebühren und Anwaltskosten gehören vorprozessuale Mediationskosten nicht ohne weiteres zu den erstattungsfähigen Kosten nach ZPO. Das heißt: Wenn die Mediation scheitert und es später zum Prozess kommt, kann die Gewinnerseite normalerweise nicht verlangen, dass der Verlierer seinen Anteil der Mediationskosten erstattet (es sei denn, es gibt besondere Absprachen oder man konstruiert es als Schaden wegen Verzögerung). Einige Juristen hatten angeregt, hier gesetzliche Änderungen zu schaffen – sogenannte Mediationskostenhilfe oder Anrechnung als Teil der Verfahrenskosten. Im Evaluationsbericht 2017 sprachen sich Mediatoren mehrheitlich für eine Mediationskostenhilfe (analog Prozesskostenhilfe) aus, weil sie darin ein Förderinstrument sahen, doch die Bundesregierung lehnte eine allgemeine Regelung hierfür zum damaligen Zeitpunkt ab. Das heißt: Parteien müssen die Mediationskosten derzeit selbst tragen.
Aus steuerlicher Sicht können für gewerbliche Parteien (wie hier Vermieter und gewerbliche Mieter) die Mediationskosten in aller Regel als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abgezogen werden, sofern der Streit das betriebliche Verhältnis betrifft. Beispielsweise kann ein Ladenmieter die Kostenanteile einer Mediation als Betriebsausgabe verbuchen, da sie der Erhaltung der Einnahmen (Fortsetzung des Mietverhältnisses) dienen. Ähnliches gilt für den Vermieter als Betriebsausgabe oder Werbungskosten bei Vermietungseinkünften. Umsatzsteuerlich ist die Mediatorenleistung meist mit MwSt behaftet, die aber vorsteuerabzugsfähig sein kann, sofern beide Unternehmer sind.
Im Vergleich zu Gerichtsverfahren können Mediationsverfahren deutlich kostengünstiger sein: Ein anschaulicher Vergleich rechnete aus, dass bei einem Streitwert von z.B. 500.000 € die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren beider Seiten leicht einen fünfstelligen Betrag pro Instanz erreichen, während eine Mediation vielleicht mit insgesamt einigen tausend Euro Honorarkosten auskommt. Natürlich hängt dies stark vom Zeitaufwand ab: Eine sehr komplexe Mediation mit vielen Sitzungen und eventuell Gutachterbeteiligung kann auch ins Geld gehen. Aber der springende Punkt ist: Bei einer Einigung können sich die Parteien die Gerichtskosten sparen (Gerichte erstatten bei Vergleich oft einen Teil der Gerichtsgebühr oder es fällt nur eine verminderte Einigungsgebühr an). Teilweise ist in Gerichtskostengesetzen geregelt, dass bei erfolgter außergerichtlicher Einigung Gerichtsgebühren entfallen oder reduziert werden – das ist Bestandteil der Länderöffnungsklauseln gewesen, von denen manche Länder Gebrauch gemacht haben. Beispielsweise kann es sein, dass bei Rücknahme der Klage nach erfolgreicher Mediation nur eine halbe Gerichtsgebühr fällig wird.
Ein weiterer Aspekt: Rechtsschutzversicherungen. Viele gewerbliche Mieter oder Vermieter haben eine Rechtsschutzversicherung für Mietrecht. Einige neuere Policen sehen vor, dass vor Inanspruchnahme der Deckung erst eine Mediation versucht werden muss (oder zumindest angeboten wird). Wir haben bereits erwähnt, dass Klauseln, wonach die Versicherung die Kosten eines Gerichtsverfahrens nur übernimmt, wenn vorher eine Mediation versucht wurde, vom BGH gebilligt wurden. Für den Versicherten bedeutet das: Die Versicherung kann z.B. einen hauseigenen Mediator stellen oder die Kosten externer Mediatoren übernehmen, allerdings nur bis zu einer gewissen Dauer, und wenn der Versicherungsnehmer ablehnt, kann es sein, dass er später bei Gericht weniger Unterstützung bekommt. Dieser Trend zeigt, dass Mediation auch kostenrechtlich incentiviert wird – Versicherer wissen um die Einsparpotenziale.
Zu beachten ist auch, dass das MediationsG in § 8 die Möglichkeit vorsah, finanzielle Förderung zu prüfen. Zwar wurde keine Mediationskostenhilfe eingeführt, aber es gibt z.B. öffentlich geförderte Angebote (etwa in manchen Kommunen oder Kammern, die kostengünstige Gütestellen unterhalten). Im Gewerbemietrecht sind solche öffentlichen Angebote weniger verbreitet (anders als z.B. bei Nachbarschaftsstreit), hier läuft es meist privat.
Fazit zu Kosten: Die Parteien sollten vor einer Mediation vereinbaren, wie die Kosten geteilt werden (i.d.R. 50/50). Diese Kosten sind im Geschäftsbereich steuerlich absetzbar. Kommt eine Einigung zustande, sparen beide die möglicherweise weitaus höheren Prozesskosten. Kommt keine Einigung zustande, haben beide zumindest Gewissheit gewonnen – allerdings bleiben sie dann auf ihren Mediationskosten sitzen und müssen zusätzlich in den Prozess investieren. Dies ist ein gewisses Risiko. Empirisch scheint es sich aber oft zu lohnen, es zu versuchen, weil die Erfolgswahrscheinlichkeit hoch ist (wie oben dargestellt).
Haftungsrechtliche Aspekte
Die Haftung des Mediators wurde bereits im Abschnitt zur Rolle des Mediators angeschnitten. Hier soll nochmal aus Perspektive der Parteien und auch der Anwälte umrissen werden, welche haftungsrechtlichen Implikationen Mediation mit sich bringt.
Haftung des Mediators gegenüber den Parteien: Schließt ein Mediator einen Vertrag mit den Konfliktparteien (typischer Mediationsvertrag), schuldet er die ordnungsgemäße Durchführung der Mediation. Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflichten haftet er auf Schadensersatz (§ 280 BGB). Beispiele: Der Mediator bricht unentschuldbar die Vertraulichkeit und veröffentlicht Betriebsgeheimnisse – dann kann er regresspflichtig werden für dadurch entstandenen Schaden. Oder er offenbart sich als parteiisch und beeinflusst das Ergebnis zugunsten einer Seite – die benachteiligte Seite könnte Schadensersatz verlangen, falls ihr daraus ein messbarer Nachteil entsteht (was allerdings oft schwer nachzuweisen sein wird). Wenn der Mediator Pflichten aus dem MediationsG verletzt (z.B. er verschweigt einen Interessenkonflikt entgegen § 3 MediationsG), kann dies zwar bußgeldrechtlich nicht sanktioniert sein, aber zivilrechtlich als Vertragsverletzung gelten. Allerdings muss man realistisch sehen: Eine Mediatorhaftung ist selten konkret geworden. Die Literatur berichtet kaum von Fällen, in denen Medianden den Mediator verklagt hätten. Das liegt einerseits daran, dass Mediatoren meist umsichtig agieren, andererseits daran, dass selbst wenn Fehler passieren, der Kausalzusammenhang zum Schaden oft unklar ist (die Parteien entscheiden ja selbst, und ob ein suboptimaler Vergleich nun „Schuld des Mediators“ war, ist schwer zu beweisen).
Haftung bei fehlerhafter Vereinbarung: Eine interessante Konstellation ist, wenn ein in der Mediation erzielter Vergleich fehlerhaft formuliert oder rechtlich unwirksam ist. Wer trägt dann die Verantwortung? Der Mediator, insbesondere wenn er Jurist ist, hat zwar keine Anwaltsvertretung für die Parteien, aber er soll dafür sorgen, dass die Parteien die Vereinbarung in Kenntnis der Sachlage treffen. Viele Mediatoren raten den Parteien, den Entwurf der Abschlussvereinbarung durch jeweils eigene Anwälte prüfen zu lassen, um Haftungsrisiken zu minimieren. Sollte dennoch etwas schiefgehen – etwa die Vereinbarung erweist sich als nicht vollstreckbar, oder wichtige Punkte wurden vergessen – werden die Parteien im Zweifel nicht den Mediator haftbar machen können, solange dieser nicht eindeutig eine Beratungs- oder Belehrungspflicht verletzt hat. Anders kann es aussehen, wenn der Mediator selbst (als Jurist) den Vergleich aufsetzt und dabei Fahrlässigkeiten begeht. Dann könnte er wie ein anwaltlicher Vertragsgestalter haften. Deshalb sichern sich viele Anwaltsmediatoren vertraglich ab, dass sie nicht als Rechtsberater der Parteien agieren, sondern nur die Verständigung dokumentieren.
Haftung des Parteianwalts in der Mediation: Häufig sind in einer Wirtschaftsmediation die Parteien von Anwälten begleitet. Diese Anwälte haben weiter ihre Sorgfaltspflichten. Es darf nicht passieren, dass ein Parteianwalt in der „Euphorie“ einer Mediation seinem Mandanten rät, einem nachteiligen Deal zuzustimmen, ohne ihn über Konsequenzen aufzuklären. Die Rechtsprechung des BGH hat hier klargestellt, dass auch im Mediationsverfahren der Anwalt seine normalen Pflichten zur Beratung und Aufklärung behält. In einem Urteil von 2017 hat der BGH sogar entschieden, dass ein Anwalt, der als Mediator tätig ist, dieselben Hinweispflichten treffen wie einen Vertreter der Partei. In jenem Fall ging es um einen Anwaltsmediator in einem Familienrechtsstreit, der die Parteien nicht hinreichend auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs hingewiesen hatte; Ergebnis: der Mediator (zugleich Anwalt) wurde zum Schadensersatz verurteilt. Übertragen auf Gewerbemiete könnte man sagen: Wenn ein Anwalt als Mediator fungiert, muss er trotzdem die Parteien vor groben Fehlern bewahren. Umgekehrt, Anwälte als Vertreter in der Mediation müssen aufpassen, dass sie nicht zu passiv werden – sie dürfen nicht alles dem Mediator überlassen, sonst können sie sich hinterher haftbar machen, wenn dem Mandanten ein Nachteil entstand, den sie hätten sehen und verhindern müssen.
Haftung für Verzögerungen: Mitunter wird diskutiert, ob eine Partei, die aus einer vertraglich vereinbarten Mediation „ausbricht“ oder sie verschleppt, haftet. Wenn es eine Mediationsklausel gibt, ist das in erster Linie eine Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs (wie oben besprochen). Aber rein denkbar: Zieht jemand ohne echten Mediationsversuch vor Gericht und entstehen der Gegenseite dadurch unnötige Kosten, könnte man über § 280 BGB (Verletzung der Klausel) oder § 242 BGB argumentieren. Die Praxisfälle dazu sind rar. Wahrscheinlicher ist es, dass Richter in solchen Konstellationen eher mit Kostenquoten spielen (z.B. wenn offenkundig eine Partei die gütliche Beilegung verweigert hat, lassen Gerichte das manchmal indirekt in die Kostenentscheidung einfließen).
Produkthaftung des Mediationsverfahrens? – Natürlich haftet nicht „die Mediation“ an sich, aber ein witziger Aspekt am Rande: Wenn Mediation fehlschlägt und dann ein Prozess kommt, fühlen sich manche Mandanten so, als sei Zeit verschwendet worden. Hier ist aufzuklären, dass das zum eigenverantwortlichen Risiko gehört. Eine Mediationsklausel, die sich als Sackgasse erwies (weil der Gegner stur blieb), ist kein Haftungsfall, sondern Pech. Umso wichtiger war ja die klare Befristung, damit kein endloser Zeitverlust eintritt.
Insgesamt bleibt festzuhalten: Haftungsfälle rund um Mediation sind (noch) die Ausnahme. Aber mit zunehmender Professionalisierung werden auch hier Maßstäbe angelegt. Insbesondere Anwaltsmediatoren müssen ein Balancehalten zwischen Rechtsberatungspflicht und Neutralitätsgebot hinbekommen – was, wie der BGH herausstellte, heikel sein kann, weil man eigentlich beides nicht voll zu 100% erfüllen kann, ohne in Konflikt zu geraten. Dies ist auch Gegenstand der Berufsregeln (die BRAO hat z.B. den § 7a und § 18 BORA über Anwälte als Mediatoren, die regeln, dass anwaltliche Verschwiegenheit etc. auch im Mediationskontext gelten und der Anwalt-Mediator keine parteiliche Rechtsberatung vornehmen darf).
Haftung der Parteien untereinander: Zum Schluss sei erwähnt, dass ein in Mediation geschlossener Vergleich natürlich wie jeder Vertrag auch Haftungsfragen zwischen den Parteien regeln kann. Oft vereinbart man eine gegenseitige Freistellung oder zumindest beendet der Vergleich Ansprüche. Sollte eine Partei später trotz Vereinbarung Verpflichtungen nicht erfüllen, haftet sie vertraglich darauf – das ist jedoch normale Vertragsdurchsetzung (ggf. mit Vertragsstrafe in der Vereinbarung abgesichert). Das Besondere bei Mediationsvergleichen ist, dass sie seltener strittig werden, weil ja beide Seiten sie wollten. Aber wenn doch, dann gelten dieselben Regeln wie bei jedem Vergleich: Er kann vollstreckt werden (nach Protokollierung), und wer ihn verletzt, macht sich schadensersatzpflichtig.
Steuerliche Aspekte von Vereinbarungen: Ein Nebenaspekt: Wenn in der Mediationsvereinbarung Zahlungen vorgesehen sind (z.B. ein Abstandsbetrag vom Mieter an den Vermieter für vorzeitige Auflösung), können steuerliche Fragen auftauchen: Ist das umsatzsteuerpflichtig? Ist es umsatzsteuerfreie Schadensersatzzahlung? Solche Dinge müssen oft beachtet werden, um nicht eine böse Überraschung vom Finanzamt zu erleben. Hier empfiehlt sich, entsprechende Klarstellungen in die Vereinbarung aufzunehmen oder gemeinsam steuerlichen Rat einzuholen, falls relevant.
Alles in allem überwiegen aber die Vorteile: Mediation kann, richtig eingesetzt, Kosten sparen und rechtliche Risiken mindern (weil Lösungen gefunden werden, die beide tragen, statt riskante Urteile zu provozieren). Die Parteien sollten sich der wenigen Risiken bewusst sein, diese aber durch kluge Verfahrensgestaltung minimieren können. Rechtspolitisch wird dieser Themenkreis weiter beobachtet – möglicherweise kommt in Zukunft doch noch eine Förderung (z.B. steuerliche Anreize oder staatliche Bezuschussung von Mediation), wenn man deren Allgemeinnutzen anerkennt.